Der Ausbildungsmarkt für Engpassberufe
KOFA-Studie 3/2015
In 53 Berufsgattungen, die eine abgeschlossene Berufsausbildung erfordern, bestehen bereits seit vier Jahren Fachkräfteengpässe: Zwischen August 2011 und Juli 2015 sind in 53 von 285 analysierten Berufsgattungen, die typischerweise eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzen, anhaltende Fachkräfteengpässe festzustellen. Jeweils zehn dieser dauerhaft durch Engpässe charakterisierten Berufsgattungen entstammen den Berufsfeldern „Gesundheit, Soziales und Bildung“ sowie „Bau- und Gebäudetechnik“. In den Berufsfeldern „Energie, Elektro und Mechatronik“, „Metall“ sowie „Logistik und Sicherheit“ existieren mit jeweils sechs Engpassberufen ebenfalls viele Knappheiten.
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KOFA-Studie 3/2015: Der Ausbildungsmarkt für Engpassberufe
Fachkräfteengpässe in Unternehmen
In den Jahren 2011 bis 2015 waren 23 Berufsgattungen sogar von starken Engpässen betroffen
Von den 53 Berufsgattungen mit anhaltenden Knappheiten waren 23 von starken Engpässen betroffen. Ein starker Engpass besteht, wenn weniger als 100 Arbeitslose auf je 100 gemeldete offene Stellen kommen. Selbst unter der Annahme, dass alle offenen Stellen tatsächlich bei der BA gemeldet würden, reichten die Arbeitslosen nicht aus, um alle Stellen zu besetzen. Von den starken Engpässen entfielen
jeweils fünf auf die Berufsfelder „Gesundheit, Soziales und Bildung“ sowie „Energie, Elektro und Mechatronik“.
Die meisten der betroffenen Berufsgattungen sind im dualen System verortet
Insgesamt 40 der 53 analysierten Berufsgattungen mit anhaltenden Fachkräfteengpässen werden parallel in Betrieb und Berufsschule – also dual – ausgebildet. Nur bei diesen Berufsgattungen können Unternehmen bestehenden Knappheiten durch eine Erhöhung ihres Ausbildungsplatzangebotes direkt entgegenwirken. Berufsgattungen mit anhaltenden Engpässen, die auf einer dualen Ausbildung basieren, sind am häufigsten in den Berufsfeldern „Bau- und Gebäudetechnik“ (neun Berufsgattungen) und „Energie, Elektro und Mechatronik“ zu finden.
Unternehmen fällt es zunehmend schwerer, ihre Ausbildungsstellen zu besetzen
Seit 2011 ist der Anteil unbesetzter Ausbildungsplätze in allen Berufsfeldern gestiegen und betrug 2014 durchschnittlich 6,6 Prozent. Im Jahr 2014 blieben im Berufsfeld „Lebensmittel“ 19,1 Prozent aller Ausbildungsplätze vakant. Im Bereich „Rohstoffe, Glas und Keramik“ waren es 16,1 Prozent. Doch auch im „Verkauf und Tourismus“ und in der „Bau- und Gebäudetechnik“ fanden Unternehmen überdurchschnittlich häufig keine geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten (11 Prozent beziehungsweise 7,7 Prozent). Selbst in Berufsfeldern, in denen im Jahr 2011 noch fast alle Ausbildungsstellen besetzt werden konnten, ist der Trend eindeutig: So stieg beispielsweise die Zahl der offenen Nachwuchsstellen im Berufsfeld „Metall“ zwischen 2011 und 2014 von 2,8 auf 4,4 Prozent oder im Berufsfeld „Energie, Elektro und Mechatronik“ von 2,5 auf 4,4 Prozent. Die geringsten Probleme bei der Besetzung bestehen in den Berufsfeldern „Technische Forschung und Entwicklung“ (2,4 Prozent) sowie „Unternehmensorganisation und Verwaltung“ (2,5 Prozent).
Bei den unbesetzten Ausbildungsstellen besteht ein Gefälle zwischen dem Südosten und dem Nordwesten Deutschlands
Die Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern tun sich bei der Besetzung ihrer Ausbildungsstellen am schwersten: So blieben 13,8 Prozent der Stellen im Jahr 2014 frei. In Brandenburg und Thüringen blieb ebenfalls mehr als jeder zehnte Ausbildungsplatz unbesetzt. Auch in Bayern (9,9 Prozent), Sachsen (7,9 Prozent) und Baden-Württemberg (7,5 Prozent) lag der Anteil über dem Bundesdurchschnitt von 6,6 Prozent. In den nord- und westdeutschen Bundesländern war die Situation aus Unternehmenssicht
entspannter. Am geringsten war der Anteil unbesetzter Ausbildungsplätze in den Stadtstaaten Bremen (3,4 Prozent), Hamburg (3,5 Prozent) und Berlin (3,9 Prozent).
In Engpassberufen wird die Nachwuchssuche schwieriger
In den 40 identifizierten Engpassberufen blieben im Ausbildungsjahr 2015 etwa 9.600 Ausbildungsplätze unbesetzt – fast doppelt so viele wie noch im Jahr 2011 (5.200). Zwischen 2011 und 2015 konnten Unternehmen etwa 37.300 Ausbildungsstellen in den Engpassberufen nicht besetzen. Bei Berufsgattungen mit starken Engpässen stieg die Zahl unbesetzter Ausbildungsplätze im gleichen Zeitraum von 2.000 auf fast 4.100. Über den gesamten Betrachtungszeitraum blieben in den 17 dual ausgebildeten Berufsgattungen mit starken Engpässen circa 15.500 Nachwuchsstellen unbesetzt. Alleine 3.400 der unbesetzten Ausbildungsplätze entfielen dabei auf die Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. In der Bauelektrik blieben 3.000 Nachwuchsstellen frei.
Unternehmen haben ihr Ausbildungsengagement in Berufsgattungen mit starken Engpässen erhöht …
In den 17 dual ausgebildeten Berufsgattungen mit starken Engpässen stieg die Zahl angebotener Ausbildungsplätze zwischen 2011 und 2014 von 67.600 auf 70.500 Stellen. Dies deutet darauf hin, dass Unternehmen auf bestehende Fachkräfteengpässe mit einem höheren Ausbildungsangebot
reagieren. Durch das höhere Angebot konnten im gleichen Zeitraum auch mehr Ausbildungsverträge abgeschlossen werden: So wurden im Jahr 2011 noch 65.500 Ausbildungsverträge in Engpassberufen unterzeichnet, im Jahr 2014 hingegen 67.000. Zudem haben Unternehmen in diesen Berufsgattungen mehr Ausbildungsstellen bei der BA gemeldet. Die Zahl der bei der BA gemeldeten Ausbildungsstellen
stieg von 55.000 im Ausbildungsjahr 2011 um 15 Prozent auf circa 63.500 im Ausbildungsjahr 2014.
… in den anderen Berufsgattungen ist jedoch eine Abnahme des Ausbildungsangebotes zu verzeichnen
In Berufsgattungen ohne anhaltende Engpässe sank das Angebot an Ausbildungsplätzen von 428.000 im Jahr 2011 auf 393.000 im Jahr 2014 ab. Diese Entwicklung gilt auch für die 23 der 40 dual ausgebildeten Berufsgattungen, die zwar keine starken, aber zumindest anhaltende Engpässe zu beobachten sind. Hier sank die Zahl angebotener Ausbildungsplätze zwischen den Jahren 2011 und 2014 von 87.400 auf 82.200.
Betriebe können eine Reihe von Maßnahmen umsetzen, um sich im Wettbewerb um Nachwuchskräfte erfolgreich zu positionieren
Trotz der steigenden Anzahl unbesetzter Ausbildungsplätze werden von Unternehmen in einigen Regionen noch nicht alle Bewerberpotenziale erschöpfend genutzt: Leistungsschwächere Schüler, Menschen mit einer Behinderung, Studienabbrecher, aber auch Abiturienten sind Zielgruppen, um die sich Betriebe noch intensiver bemühen sollten. Hinzu kommt, dass Arbeitgeber immer stärker gefordert sind, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren und innovative sowie überregionale Rekrutierungswege zu beschreiten. Dabei können Politik und Berufsberatung die Unternehmen noch intensiver unterstützen, indem die Mobilität von Ausbildungsbewerbern gestärkt und ausgewogener
zwischen beruflicher und akademischer Ausbildung beraten wird.