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Vertrauensarbeitszeit

Vertrauensarbeitszeit

Wie verändert Vertrauensarbeitszeit den Arbeitsalltag und das Arbeitsklima in einem Unternehmen? Ulrike Kenkenberg, Personalreferentin am Institut der deutschen Wirtschaft Köln, berichtet über ihre Erfahrungen.

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Unter Personalverantwortlichen wird das Thema Vertrauensarbeitszeit kontrovers diskutiert. Das Institut der deutschen Wirtschaft organisiert Arbeit schon lange vertrauensvoll und flexibel. „Unser Institut lebt von der Denk- und Kreativleistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Intelligente und kreative Ideen lassen sich aber nicht zwingend am besten zwischen 8.00 und 17.00 Uhr generieren“, meint Personalleiterin Ulrike Kenkenberg. Sie ist überzeugt davon: Vertrauensarbeitszeit ist für das eigene Haus ein entscheidender Erfolgsfaktor. Im KOFA-Interview spricht sie über ihre Erfahrungen.

Frau Kenkenberg, wie wird Vertrauensarbeitszeit im IW Köln umgesetzt?

Kenkenberg: Bei uns gibt es keine Zeiterfassung und auch keine Kernarbeitszeiten. Stattdessen haben wir mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Vereinbarung über die telefonische Erreichbarkeit geschlossen. Grundsätzlich gilt: Zwischen 8.00 und 17.30 Uhr müssen die Telefone in allen Abteilungen besetzt sein. Diese Servicezeit beinhaltet nicht nur die telefonische Erreichbarkeit, sondern grundsätzlich die qualifizierte Erreichbarkeit der Abteilungen. Die Teams können sich intern abstimmen: Wer früh anfängt, nimmt die ersten Telefonate entgegen. Wer lieber später arbeitet, steht dann für interne und externe Anfragen zur Verfügung. Ein „IWler“ arbeitet laut Vertrag 39 Stunden pro Woche bei einer Vollzeitstelle. Diese Arbeitszeit gilt es einzuhalten und zwar im Durchschnitt übers Jahr gesehen. Das bedeutet: Wer an einem Nachmittag früher geht, holt die Stunden später nach.

Wie kontrollieren Sie, ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeitszeit über das Jahr gesehen einhalten?

Kenkenberg: Es gibt keine Kontrolle über die Anwesenheitszeiten. Vertrauensarbeitszeit beruht auf einer Kultur des Vertrauens. Unsere Führungskräfte sind dazu angehalten, über Ziele zu führen. Alle halbe Jahre laden sie jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter zu einem Gespräch ein. Dabei überprüfen sie, ob Aufgaben erfüllt und Zeitpläne eingehalten wurden – und sie formulieren neue Ziele.

In unserem Haus geht es nicht hauptsächlich um Anwesenheitszeiten, sondern um Arbeitsergebnisse. Das bedeutet aber nicht, dass wir keinen Wert auf Präsenz legen. Zwanzig Prozent der Arbeitszeit können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig von zuhause aus leisten. Darüber hinaus sind im Einzelfall auch längere Einsätze in Telearbeit möglich, wenn zum Beispiel das Kind krank ist oder ein Handwerker kommt – die restliche Zeit sollte aber im Büro gearbeitet werden, um sich mit Kolleginnen und Kollegen austauschen zu können.

Wie baut man eine Vertrauenskultur im Unternehmen auf?

Kenkenberg: Eine Kultur des Vertrauens bedeutet Arbeit. Das passiert nicht von heute auf morgen und nicht von allein. Je nachdem, wie die Arbeitszeiten zuvor organisiert waren, braucht es einen grundlegenden Wandel in der Unternehmenskultur. Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer, die sich für die Einführung einer Vertrauensarbeitszeit entscheiden, sollten diesen Schritt als einen Veränderungsprozess begreifen, der besondere Aufmerksamkeit erfordert.

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Was ist der erste Schritt zur Einführung von Vertrauensarbeitszeit?

Kenkenberg: Zunächst einmal müssen die Rahmenbedingungen klar sein, unter denen Vertrauensarbeitszeit stattfindet. Um diese Rahmenbedingungen festzulegen, ist es wichtig, alle Beteiligten frühzeitig ins Boot zu holen. Vertrauen kann man niemandem überstülpen.

Geschäftsführung, Führungskräfte und die Kolleginnen und Kollegen müssen diesen Prozess gemeinsam erarbeiten. Das ist dann auch schon der erste Schritt zu einer gelebten Vertrauenskultur.

Müssen die Regeln für Vertrauensarbeitszeit für alle Abteilungen gleich sein?

Kenkenberg: Nein, wer einen wissenschaftlichen Artikel verfasst, kann gut in den Abendstunden oder von zuhause arbeiten – wer den Empfang betreut, muss präsent sein. Solche Unterschiede sollten auch offen kommuniziert werden.

Wie Vertrauenszeit gelebt wird, hängt letztlich auch sehr stark von der jeweiligen Führungskraft ab. Einige Führungskräfte haben von Natur aus großes Vertrauen. Andere möchten über Abwesenheiten genauer informiert werden. Wer Vertrauensarbeitszeit einführt, muss – je nach Unternehmensgröße –auch solche Unterschiede akzeptieren.

Welche Rolle spielen Führungskräfte generell für die Vertrauenskultur?

Kenkenberg: Führungskräfte sind der Schlüssel für eine gelebte Vertrauenskultur. Vertrauensarbeitszeit bedeutet Vertrauen durch die Führungskräfte. Früher hat mancher Chef vielleicht gedacht: Wer am längsten im Unternehmen ist, ist auch der engagierteste Mitarbeiter – das funktioniert in einem System der Vertrauensarbeitszeit nicht mehr. Genau deshalb ist es auch so wichtig, Führungskräfte zu schulen. Sie müssen wissen: Wie führe ich durch Zielvorgaben? Wie strukturiere ich ein Mitarbeitergespräch? Wie formuliere ich neue Ziele? Wie kontrolliere ich, ob Ziele erreicht wurden? – Nur so, kann Vertrauensarbeitszeit langfristig funktionieren.

Erinnern Sie sich an Fälle, in denen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter Vertrauen missbraucht haben?

Kenkenberg: Wir hatten ganz wenige Fälle, bei denen wir das Gefühl hatten, dass die Rahmenbedingungen zu weit ausgelegt wurden. Wir haben dann Gespräche geführt und Lösungen gefunden.

Grundsätzlich werben wir ja schon in unserer Stellenanzeige mit Vertrauen als Unternehmenskultur – das zieht Bewerberinnen und Bewerber an, die die Eigenverantwortung und Zeitsouveränität der Vertrauensarbeitszeit schätzen und damit umgehen können.

Ich habe auch das Gefühl, dass immer mehr Bewerberinnen und Bewerber es eigentlich als Selbstverständlichkeit empfinden, selbst über Ihre Zeit verfügen zu können. Vertrauensarbeitszeit hilft uns also auch bei der Rekrutierung guter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Wir danken Frau Kenkenberg für das Gespräch.