Wiedereinstieg nach Elternzeit
Ihre drei wichtigsten Tipps für Personalverantwortliche:
- Setzen Sie Kontakthalteprogramme für Mitarbeitende in Elternzeit auf.
- Bieten Sie auch Mitarbeitenden in Elternzeit Weiterbildungen an.
- Erarbeiten Sie insbesondere mit Führungskräften vor Eintritt in die Elternzeit einen lebensphasenorientierten Karriereplan.
Frau Rump, warum ermutigen Sie Personalverantwortliche in Unternehmen, sich die Lebensphasen Elternzeit und Wiedereinstieg genauer anzuschauen?
Rump: Die Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf und Familie spielt auch im Kontext der Arbeitgeberattraktivität eine große Rolle. Auch Mitarbeitende, die noch keine Familienpflichten haben, beobachten im Hinblick auf ihre eigene Zukunft sehr genau, wie Unternehmen mit Elternzeit und Wiedereinstieg umgehen. Mitarbeitende erwarten Unterstützung in dieser besonderen Lebenssituation. Werdende Eltern spüren, ob ihr Arbeitgeber sie als Mensch mit individuellen Bedürfnissen wahrnimmt und wertschätzt oder ob es sich beim Thema Familienfreundlichkeit nur um Lippenbekenntnisse handelt.
Was bedeutet das für Unternehmen konkret?
Rump: Unternehmen können Männer und Frauen, die sich für Kinder entscheiden, nur gut begleiten, wenn sie Optionen aufzeigen können: Muss es ein harter Wiedereinstieg sein oder kann es auch ein sanfter Wiedereinstieg sein, bei dem Zeiten und Verantwortlichkeiten wie in einem Stufenprogramm hochgefahren werden? Welche Weiterbildungsoptionen stehen Männern und Frauen in Elternzeit offen? Und wie sieht es mit einem Kontakthalteprogramm während der Elternzeit aus? – In den letzten zwanzig Jahren haben Unternehmen vor allem ad-hoc auf die Nachricht reagiert, dass Mitarbeitende in Elternzeit gehen. Spätestens jetzt ist es aber Zeit das Thema planmäßig anzugehen und Prozesse und Maßnahmen aufzusetzen.
Wie lange gehen Mitarbeitende heute durchschnittlich in Elternzeit?
Rump: Laut Daten des Statistischen Bundesamts nahmen Frauen 2020 im Durchschnitt 14,5 Monate Elternzeit und Männer 3,7 Monate. Der Unterschied ist immer noch groß, aber grundsätzlich erleben wir, dass Männer zunehmend mehr Familienpflichten übernehmen, und vermehrt partnerschaftliche Familienmodelle gelebt werden. Die Pandemie hat diesem Trend deutlich Auftrieb verliehen.
Wie hoch ist die Gefahr, dass Mitarbeitende diesen privaten Einschnitt nutzen, um sich auch beruflich neu zu orientieren und Arbeitgeber oder Branche zu wechseln?
Rump: Tendenziell steigt die Gefahr mit der Länge der Elternzeit. Wer zwei Jahre abwesend ist und möglicherweise schon vor der Geburt des Kindes mit seinem Arbeitgeber gehadert hat, neigt sicherlich eher zu einem solchen Schritt als zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die eine vergleichsweise kurze Familienpause einlegen. Ganz wesentlich hängt diese Frage aber auch davon ab, ob es ein Kontakthalteprogramm gibt. Wenn es keinen Kontakt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmendem gibt, greift das Sprichwort „aus den Augen, aus dem Sinn“. Kontakthalteprogramme sind wichtig, um gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten.
Wie sieht ein Kontakthalteprogramm aus?
Rump: Kontakthalteprogramme fangen mit einer kontinuierlichen Informationspolitik an. Man muss dazu nicht zwangsläufig einen Newsletter aufsetzen. Aber wenn es Neuigkeiten im Unternehmen gibt, sollte jemand zum Telefon greifen und die Abwesenden informieren. Das muss nicht der Chef, sondern kann ein Teammitglied sein. In einem solchen Telefonat können auch informelle Informationen, also auch Klatsch und Tratsch, ausgetauscht werden. Ganz wichtig finde ich, dass man die Männer und Frauen in Elternzeit mit diesen Anrufen nicht überfällt, sondern im Vorfeld fragt, ob man sich alle 6 bis 8 Wochen melden darf. Nicht jeder möchte das – auch das müssen Unternehmen akzeptieren. Die Einladung zum Sommerfest oder zur Weihnachtsfeier sind ebenfalls gute Kontaktanlässe. Während der Elternzeit darf auch einige Stunden gearbeitet werden. Vielleicht kann sich der oder die Mitarbeitende vorstellen, eine Urlaubsvertretung zu übernehmen und so punktuell zu unterstützen? Wichtig ist, dass man diese Optionen im Vorfeld offen bespricht.
Mit diesen Maßnahmen können Sie Ihre Beschäftigten beim Wiedereinstieg nach der Elternzeit unterstützen
Mehr erfahrenWie stehen Sie zu Weiterbildungsangeboten während der Elternzeit?
Rump: Ich empfehle Weiterbildungsangebote während der Elternzeit! Ganz ehrlich: Die Welt dreht sich heute so schnell, dass es für Arbeitnehmende und Arbeitgeber eine absolute Entlastung ist, wenn Kompetenzen aktuell gehalten werden. Der Wiedereinstieg gelingt viel stressfreier. Und Weiterbildung muss heute nicht mehr bedeuten, dass jemand auf ein zweitägiges Seminar fährt. Kurze virtuelle Wissenshappen können überaus effektiv sein, um Know-how aktuell zu halten. Mit Führungskräften sollte unbedingt über Weiterbildungsoptionen während der Elternzeit gesprochen werden. Darüber hinaus sollte die Führungskraft mit dem Mitarbeitenden vor der Geburt eines Kindes auch immer eine Karriereplanung machen unter Berücksichtigung der Elternzeit und der anstehenden Lebensphasen.
Die meisten Unternehmen möchten ihre Mitarbeitenden nach der Elternzeit mit möglichst vielen Stunden wieder im Unternehmen begrüßen. Welche Maßnahmen helfen?
Rump: Eine Stellschraube, um Beruf und Familien zu vereinbaren, ist auch der Arbeitsort (wenn die Tätigkeiten das zulassen). Durch die Arbeit im Homeoffice fallen Wegezeiten weg. Für den einen oder die andere ist es dann möglich, statt 65 Prozent sogar 80 Prozent zu arbeiten. Bei der Organisation des Wiedereinstiegs lohnt es sich auch die Arbeitsprozesse zu analysieren und ggf. neu zu strukturieren. Es kann sinnvoll sein, den jungen Eltern Routinetätigkeiten abzunehmen und sie noch intensiver gemäß ihren Stärken und Talenten einzusetzen. Das fördert die Motivation und Produktivität, so dass eine reduzierte Arbeitszeit effektiver genutzt werden kann.
Haben Sie mehr praktische Tipps für den Wiedereinstieg?
Rump: Viele Unternehmen haben gute Onboarding-Prozesse. Und im Grunde kann man diese Prozesse in einer weniger intensiven Form auch auf den Wiedereinstieg nach der Elternzeit übertragen.
Nehmen Sie rechtzeitig Kontakt auf. Bei Mitarbeitenden, die 1 Jahr weg waren, würde ich 6 Wochen vorher anrufen und die Details besprechen. Bei Mitarbeitenden, die 2 Jahre weg waren, würde ich 2 Monate vorher anrufen und bei Mitarbeitenden, die 3 Jahre weg waren, 3 Monate vorher. Machen Sie gemeinsam einen Plan für den ersten Tag und auch die ersten Monate und sprechen Sie darüber, wie ggf. neue Arbeitszeitmodelle ganz konkret ausgestaltet werden sollen. Für den ersten Tag empfehle ich: Stellen Sie einen Blumenstrauß an den Arbeitsplatz. Irgendwas Nettes! Zeigen Sie, dass Ihnen Ihr Mitarbeitender als Mensch wichtig ist. Eine solche Willkommenskultur drückt Wertschätzung aus.
Wir danken Frau Rump für das Gespräch.