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„KI wird für Ausbildungspersonal ständiger Begleiter“

„KI wird für Ausbildungspersonal ständiger Begleiter“

Zuletzt aktualisiert: 07. August 2024

Künstliche Intelligenz (KI) eröffnet neue Möglichkeiten für die Ausbildung von Nachwuchskräften. KI-Experte Christoph Metzler erklärt, für welche Schritte entsprechende Tools infrage kommen und was es dabei zu beachten gibt.

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3 Tipps zum Einsatz von KI in der Ausbildung

1. Offen sein: Künstliche Intelligenz lässt sich in der Arbeit von Ausbilderinnen und Ausbildern an vielen Stellen nutzen. Seien Sie offen für neue Wege und identifizieren Sie Arbeitsschritte, bei denen Ihnen insbesondere Chatbots helfen können – von der Ideenfindung fürs Onboarding bis zur Vorbereitung eines Feedbackgesprächs.

2. Selbst ausprobieren: Wer bislang noch nicht mit Chatbots wie ChatGPT gearbeitet hat, kann das jederzeit nachholen. Bei vielen Tools kann man sich einen Gratis-Account anlegen und einfach eine Frage eintippen, die einen im Ausbildungsalltag ohnehin beschäftigt. Das ist die Voraussetzung dafür, dass Sie auch Ihre Auszubildenden für einen sinnvollen Umgang mit KI sensibilisieren können. Fragen Sie auch Kolleginnen und Kollegen um Hilfe.  

3. Regeln aufstellen: Im Umgang mit KI sollten keine Betriebsinterna preisgegeben werden. Auszubildende sollten auch nicht einfach mit beliebigen Tools experimentieren. Legen Sie Regeln fest, welche Tools im Rahmen der Ausbildung genutzt werden dürfen und worauf zu achten ist

IW-Experte Christoph Metzler im Porträt.

Dr. Christoph Metzler

Dr. Christoph Metzler ist Senior Economist für Ausbildung und Fachkräftesicherung am Institut der deutschen Wirtschaft Köln und Teil des Netzwerks Q4.0, in dem mehr als 100 Weiterbildungen für Ausbilderinnen und Ausbilder verfügbar sind, auch zum Thema KI. Zu Metzlers Schwerpunkten zählt die Digitalisierung der Ausbildung.

Was ermöglicht KI in der Ausbildung grundsätzlich?

Christoph Metzler: KI eröffnet Möglichkeiten, die es bislang nicht gab. Gerade die sogenannte generative KI, die menschliches Sprechen und Schreiben imitiert, verändert vieles. Zudem lassen sich etliche Prozesse in der Produktion automatisieren. Das hat zwei Auswirkungen: erstens auf den betrieblichen Alltag, die einzelnen Arbeitsschritte und damit auf die Inhalte der Ausbildung. Und zweitens auf die pädagogischen Methoden: KI lässt sich nutzen, um junge Menschen ganz anders anzuleiten und auszubilden.

Fangen wir mit dem ersten Effekt an: Wie verändert KI den betrieblichen Alltag und damit die Ausbildungsinhalte?

Metzler: Nehmen wir eine Krankenschwester oder einen Krankenpfleger: Eine klassische Aufgabe ist, bei Patienten mit Katheter alle paar Stunden zu überprüfen, wie viel Blut oder Urin abgegeben wurde. Inzwischen gibt es Sensoren, die die Menge automatisch kontrollieren und melden können. Entsprechend wird das Personal entlastet, aber Auszubildende müssen anders als früher auch lernen, wie sie mit der Technik umgehen. Ähnlich ist es in anderen Bereichen: von KI-basierten Wartungsarbeiten in der Produktion bis zur Routenoptimierung in der Logistik.

Wir wollen vor allem über den zweiten Effekt sprechen: Wie verändert KI die pädagogische Ausbildungsarbeit?

Metzler: Chatbots wie ChatGPT lassen sich nutzen, um Ausbildungsinhalte anders zu vermitteln. Je nach Ausbildungsberuf kann das sehr unterschiedlich aussehen. Ausbilderinnen und Ausbilder können den Nachwuchs auch ermutigen, unter Anleitung selbst solche Tools zum Lernen auszuprobieren. 

Wie lässt sich KI in der pädagogischen Ausbildungsarbeit konkret nutzen?

Metzler: Ein Beispiel für alle Ausbildungsberufe ist, das Onboarding am ersten Arbeitstag der neuen Auszubildenden vorzubereiten. Um nicht einfach das gleiche zu machen wie in den Jahren vorher, können Ausbilderinnen und Ausbilder einen Chatbot nach neuen Ideen für das Onboarding fragen.

Dabei kommt es auf den sogenannten Prompt an – also die Anweisung an den Chatbot, die man eintippt. Welche Infos sollten Ausbilder da genau liefern?

Metzler: Nehmen wir an, es handelt sich um einen Ausbilder in einem Hotel. Der könnte dem Chatbot mitteilen, dass er in einem Hotel arbeitet, Hotelkaufleute ausbildet, dass die Kundschaft in erster Linie Touristen sind in einer bestimmten Region, dass zum Hotel ein Restaurant gehört und dass Werte wie Verlässlichkeit und Pünktlichkeit sehr wichtig sind. Daran anschließend könnte man den Chatbot fragen, was er empfehlen würde, was man den Azubis in den ersten Tagen mitgeben soll.

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Was liefert der Chatbot als Antwort?

Metzler: Einen Fahrplan mit Vorschlägen, den man definitiv noch optimieren muss. Aber es ist hilfreich, um Inspiration zu bekommen. Gerade auch dann, wenn die Ausbilder aus einer anderen Generation oder einem anderen Fachbereich kommen und nicht genau wissen, was bei ihren jungen Auszubildenden gut ankommt. KI kann bei einem Perspektivwechsel helfen.

Sie haben das bestimmt schonmal ausprobiert. Was war ein guter Vorschlag, den ein Chatbot gemacht hat?

Metzler: Wir haben das zuletzt zusammen mit einem Betrieb ausprobiert, und dann kam die Idee auf, ein Quiz für das Onboarding zu nutzen. In einem Quiz lassen sich unterschiedliche Fragen unterbringen: Wie heißt die Geschäftsführerin? Wie funktioniert die Vertrauensarbeitszeit? Es lässt sich das gleiche Wissen vermitteln wie auch sonst bei der Einführung – in dem Fall aber vermittelt durch ein spielerisches Element, an das man allein vielleicht nicht gedacht hätte. Auch für die Umsetzung kann man KI nutzen: indem man einen Avatar erstellt, der die Fragen stellt. Ein anderes Beispiel ist, den Chatbot zur Vorbereitung auf ein Feedbackgespräch zu nutzen.

…in die Richtung: „Ich habe ein Feedbackgespräch mit einem 19-jährigen Auszubilden, wie baue ich das Gespräch auf?“?

Metzler: Ja, man kann auch Kritikpunkte schildern, sodass die KI mehr Kontext hat und zielgenauere Vorschläge machen kann. Hilfreich ist auch, Chatbots zu nutzen, wenn man maßgeschneiderte Lösungen für einzelne Azubis braucht. Haben Sie zum Beispiel im Betrieb einen Auszubildenden als Industriekaufmann und eine Auszubildende als Feinwerkmechanikerin sind das auf den ersten Blick zwei komplett verschiedene Welten. Am Ende müssen die beiden aber als Fachkräfte in der Wertschöpfungskette im Unternehmen zusammenarbeiten. Die KI kann dabei helfen, diese Verzahnung bereits in der Ausbildung vorzubereiten. Mithilfe eines Chatbots können Tätigkeiten aus dem Alltag des einen Bereichs mit den Augen des anderen Bereichs beschrieben werden. Weiterhin kann ein Chatbot auch die Ausbildungsordnungen beider Berufe vergleichen und Vorschläge machen, wo sich ein gemeinsames Projekt für beide lohnen könnte. Es lassen sich auch Ausbildungspläne in andere Sprachen übersetzen. Natürlich muss ein Mensch das alles überprüfen und bewerten, aber es erleichtert die Arbeit.

KI für die eigene Arbeit einzusetzen, ist das eine. Hinzu kommt, die Auszubildenden mit dem Umgang vertraut zu machen. Wie geht man da vor?

Metzler: Eine Möglichkeit ist, sie zu ermutigen, den Ausbildungsalltag mithilfe eines Chatbots zu reflektieren. Sie können fragen, was sie in einer bestimmten Situation hätten tun können oder wie eine Lösung aussehen kann. Wenn sie unsicher sind, wie sie eine Sache gegenüber ihrem Ausbilder ansprechen sollen, können sie zunächst dem Chatbot genau diese Frage stellen. Zudem können sie neue Ideen kreieren oder mit KI-Tools ihrer Kreativität freien Lauf lassen – zum Beispiel, um Bilder zu generieren oder testweise Produkte zu designen. Und man kann Azubis natürlich mithilfe eines Chatbots recherchieren lassen.

Wie kann die Recherche mithilfe eines Chatbots ablaufen?

Metzler: Sie könnten zum Beispiel versuchen herauszufinden, wie sie ein bestimmtes Programm am besten bedienen oder wie sie ein Kundengespräch führen. Für solche Fragen werden junge Leute ohnehin zunehmend KI nutzen, sie sind ja digital affin. Studien haben gezeigt, dass es für Lehrkräfte nicht mehr möglich ist, KI-generierte Inhalte von selbstverfassten zu unterscheiden. Als Ausbilder lohnt es sich deshalb, den KI-Einsatz zu fördern, aber klare Regeln festzulegen und das Ganze zu steuern.

Wie macht man das?

Metzler: Zum einen geht es darum, die Auszubildenden dafür zu sensibilisieren, vom Chatbot gelieferte Fakten nicht einfach zu übernehmen. Man könnte sie zum Beispiel mithilfe eines Fachbuchs nachrecherchieren lassen, ob die Inhalte tatsächlich stimmen. In jedem Fall sollte man besprechen, was der KI-Einsatz gebracht hat und wo Schwächen lagen. Mündliches Erklären wird wichtiger werden denn je – also die Azubis zum Beispiel in eigenen Worten wiederholen lassen, was sie schriftlich erarbeitet haben. So merkt man, was wirklich sitzt. Man kann von Azubis auch eine Dokumentation fordern, aus der hervorgeht, wie sie genau vorgegangen sind.

Wie wichtig wird KI in Zukunft für Ausbilderinnen und Ausbilder?

Metzler: KI wird für Ausbilder künftig ein ständiger Begleiter sein. Es ist aber auch wichtig, Auszubildenden Ängste zu nehmen. Denn natürlich wird KI viele Berufe verändern. Überflüssig werden Menschen deshalb aber keineswegs. Es wird auch künftig auf Menschen und ihre Urteilskraft ankommen.

Wir bedanken uns für das Interview!