Azubis binden und motivieren
Jährlich werden etwas mehr als ein Viertel aller Ausbildungsverträge wieder gelöst. Auch wenn nicht jede Vertragslösung ein Ausbildungsabbruch ist, wurden auf der einen oder anderen Seite Erwartungen nicht erfüllt. Nicht auf alles haben Sie als Ausbildungsbetrieb einen Einfluss, aber gerade an den betrieblichen Gründen, die zu einer Vertragslösung führen, können Sie aktiv arbeiten.
Nutzen Sie folgende Aspekte zur Bindung und Motivation Ihrer Azubis
Es gibt verschiedene Aspekte, die Sie bei der Bindung und Motivation der Azubis (und natürlich auch der Ihrer Mitarbeitenden) berücksichtigen sollten.
Veränderung der Haltung
Es werden zunehmend Fachkräfte benötigt, die schon beim Start in das Berufsleben lernen mitzudenken und Selbstverantwortung zu übernehmen. Aus diesem Grund wird heute anders ausgebildet. Die Rolle der Ausbildenden als Unterweisende und Fachexpertinnen und -experten ist im Ausbildungsprozess nicht mehr ausreichend. Vielmehr wandelt sich die Rolle des Ausbildungspersonals hin zu Lernbegleitenden, Coaches und Mentorinnen und Mentoren.
Um diese neue Rolle einzunehmen, ist eine Veränderung der „Haltung“ Voraussetzung. Lernbegleiterinnen und -begleiter verstehen Lernen als selbstständiges Handeln auf Seiten der Auszubildenden. Sie begegnen ihren Azubis auf Augenhöhe und gestalten individuelle Lernprozesse gemeinsam mit ihnen. In dieser Rolle motivieren Ausbilderinnen und Ausbilder zum selbstgesteuerten Handeln und Entdecken, verstehen Fehler als Chance, stellen Fragen und geben Feedback. Sie bieten bedarfsorientierte Unterstützung an und gestalten Lernumgebungen handlungsorientiert und praxisnah. Im Rahmen des gesamten Lernprozesses sind Lernbegleiterinnen und -begleiter für ihre Azubis als Gesprächspartnerinnen und -partner jederzeit verfügbar und haben ein offenes Ohr für alle Anliegen. Lesen Sie hier weiter.
Wertschätzung und Respekt
„Wertschätzung ist die positive Bewertung eines anderen Menschen. Sie gründet auf einer inneren Haltung anderen gegenüber. Wertschätzung betrifft einen Menschen als Ganzes, sein gesamtes Wesen. Sie ist unabhängig von Taten oder Leistungen, auch wenn diese die subjektive Einschätzung der Wertschätzung beeinflussen. Wertschätzung ist verbunden mit Respekt, Wohlwollen und Anerkennung. Sie drückt sich aus in Zugewandtheit, Interesse, Aufmerksamkeit und Freundlichkeit.“
Anselm GrünWertschätzung und eine wertschätzende Kommunikation im täglichen Miteinander sind das A und O für die Motivation und Bindung Ihrer Azubis. Sie zeigt sich im ehrlichen Interesse an der Person und kostet Sie nicht viel. Kleine Gesten machen oft den großen Unterschied:
- „Wollen wir kurz einen Kaffee trinken und Du erzählst von Deinem Wochenende?“
- „Kannst Du mir helfen bei dem Instagram-Post? Du bist da viel fitter als ich.“
- „Im letzten Team-Meeting habe ich Dich sehr engagiert erlebt – weiter so!“
- „Ich bin froh, dass wir Dich im Team haben. Du bringst so viel Fröhlichkeit mit.“
Ein interessiertes Hinhören, eine neugierige Rückfrage, ein ehrliches „Schulterklopfen“ oder auch die Bitte um einen Rat. Das alles zeigt Wertschätzung dem anderen gegenüber.
Wertschätzung und ein respektvoller Umgang miteinander gehören natürlich vorgelebt und sind Bestandteil der Führungs- und Unternehmenskultur.
Fragen Sie sich selbst, in welchen Situationen Sie sich von Ihrer Führungskraft wertgeschätzt fühlen und fragen Sie umgekehrt Ihre Azubis, ob das Gefühl der Wertschätzung bei ihnen ankommt. Auf unseren Themenseiten erfahren Sie mehr zu Unternehmenskultur und Personalführung.
Kommunikation und Feedback
Azubis empfinden konstruktives Feedback als hilfreich und motivierend, erhalten es aber nur selten in Form eines ausführlichen Gesprächs.
Das Feedbackgespräch ist ein wichtiges Kommunikationsmittel gegen Ausbildungsabbrüche. Regelmäßiges, konstruktives Feedback hilft, Probleme frühzeitig zu erkennen und gegensteuern zu können. Gutes Feedback dient aber auch dazu, einander besser zu verstehen. Sparen Sie nicht mit Lob, äußern Sie Kritik wertschätzend und geben Sie Hinweise für die persönliche Weiterentwicklung der Azubis.
Mit einem Leitfaden für Feedbackgespräche können Sie sich gut vorbereiten und den Azubis im Gespräch gezielte Fragen zu ihrer Entwicklung stellen.
Hilfreich ist auch ein Feedbackbogen zur Selbst- und Fremdeinschätzung, der vor dem Gespräch von den Azubis und den Ausbilderinnen und Ausbildern oder den Ausbildungsbeauftragten in den Abteilungen bzw. Bereichen ausgefüllt wird.
Materialien für das Feedbackgespräch
Leitfaden für Feedbackgespräche
Mit diesem Leitfaden können Sie den Azubis gezielte Fragen zu ihrer Entwicklung stellen.Feedbackbogen
Nutzen Sie den Feedbackbogen zur Selbst- und Fremdeinschätzung im Vorfeld des Gesprächs.
Motivation
Werden junge Menschen gefragt, was für sie „gute Arbeit“ ausmacht, antworten laut Trendstudie „Jugend in Deutschland“ über 90 Prozent, dass die Arbeitsatmosphäre für sie an erster Stelle steht.
Zu einem positiven Betriebsklima gehört zum Beispiel eine transparente Kommunikation, Wertschätzung, Vertrauen, eine gute Fehlerkultur, aber auch die Arbeitsbedingungen spielen eine große Rolle. Ausbilderinnen und Ausbilder bzw. Führungskräfte sollten Vorbilder sein, indem sie respektvoll mit den Azubis umgehen, Kommunikation und den Dialog fördern, Erwartungen und Wünsche der Azubis ernst nehmen, ihnen Vertrauen schenken und Fehler zulassen.
Ein freundlicher und gepflegter Arbeitsplatz, ein ergonomischer Schreibtisch, funktionierende Technik, aber auch die Möglichkeit für Home-Office in der Ausbildung sind Punkte, die die Arbeitsbedingungen verbessern können.
Neben immateriellen Zuwendungen haben auch die materiellen einen Einfluss auf das Betriebsklima: Einen Zuschuss für das Fitnessstudio, ein Jobfahrrad, frei verfügbare Getränke im Betrieb – all das wirkt sich positiv auf die Arbeitsatmosphäre aus.
Berücksichtigen Sie außerdem folgende Tipps, um Ihre Azubis zu motivieren:
- Feedback, Lob und konstruktive Kritik gehören ebenfalls zu den Motivationsfaktoren. Loben Sie explizit, wenn Sie mit der Leistung der Azubis zufrieden sind, sagen Sie aber auch, wenn eine Aufgabe nicht zufriedenstellend erledigt wurde. Achten Sie dabei auf konstruktives Feedback. Nur so können Ihre Azubis lernen, es das nächste Mal besser zu machen.
- Übertragen Sie, wo immer es möglich ist, Verantwortung und lassen Sie zu, dass Ihre Azubis schon mal andere Wege gehen und dabei auch Fehler machen können. Denn daraus lernt man besonders gut.
- Wer langweilt sich schon gerne? Versuchen Sie, die Aufgaben und Projekte der Azubis (dem Ausbildungsstand angemessen) abwechslungsreich zu gestalten. Auch die eingesetzten (digitalen) Lernformate dürfen vielfältig sein.
- Motivieren Sie über gemeinsam vereinbarte (Lern-) Ziele. Nichts motiviert so sehr, wie ein Erfolgserlebnis. Überlegen Sie, wie die Ziele formuliert werden, damit weder Unter- noch Überforderung eintritt.
Lernen fördern
Die sich stetig verändernde Arbeitswelt und die neuen Anforderungen an Unternehmen und Beschäftigte erfordern lebenslanges Lernen. Darauf müssen auch Azubis vorbereitet werden.
Damit Lernen gut funktioniert, sollte es so weit es geht, individuell gestaltet und selbstverantwortlich sein. Das heißt, dass Azubis in ihrem eigenen Tempo und in ihrem eigenen Lernstil lernen. Ausbildende können Azubis anregen, sich über das eigene Lernverhalten Gedanken zu machen. Mit abwechselnden digitalen und analogen Lernformate wird das Lernen außerdem bunter und motivierender.
Nicht jeder Azubi startet mit den gleichen Voraussetzungen in die Ausbildung. Der eine braucht zusätzliche Sprachförderung, fachliche Unterstützung oder auch eine sozialpädagogische Begleitung.
Die anderen wünschen sich, mehr gefordert zu werden und freuen sich über zusätzliche Azubi-Projekte, Zusatzqualifikationen oder die Möglichkeit für einen Auslandsaufenthalt in der Ausbildung.
Individuelle Förderung ist das Stichwort.
Informieren Sie sich zu Fördermöglichkeiten in der Ausbildung und wie man Azubis bei der Entwicklung von Sozialkompetenz unterstützen kann.
Perspektiven nach der Ausbildung
Um Azubis von Anfang an zu binden und zu motivieren, ist es wichtig, ihnen frühzeitig Perspektiven nach der Ausbildung aufzuzeigen:
- Wie hoch sind die Chancen auf eine Übernahme und was sind eventuelle Voraussetzungen?
- Welche Möglichkeiten bietet das Unternehmen den Azubis nach der Ausbildung, sich weiterzubilden? Informieren Sie sich zu Fortbildungsmöglichkeiten und über das berufsbegleitende Studium.
- Was sind interne Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten? Wie werden sie gefördert? Wie wird Wissen im Unternehmen weitergegeben? Lesen Sie mehr zum Wissensmanagement im Unternehmen.
- Welche Zusatzoptionen gibt es schon während der Ausbildung? Besteht die Möglichkeit für einen Auslandsaufenthalt oder kann man Zusatzqualifikationen erwerben?