Azubi gesucht: HBS Elektrobau wirbt im Ausland
Karsten Drews und Frank Walter haben mal nachgerechnet: Im Saale-Orla-Kreis, einem Standort der Elektrohandwerksfirma HBS Elektrobau, gibt es im Jahr rund 700 Schulabgänger. Viele von ihnen streben statt einer Ausbildung ein Studium an, dazu kommt noch, dass das Unternehmen bislang kaum Bewerbungen von weiblichen Schulabgängerinnen erhält. „Um unseren Stellenbedarf für Fachkräfte zu decken, müsste von den restlichen gut 200 Schulabgängern im Saale-Orla-Kreis also jeder vierte als Elektriker zu HBS kommen“, resümiert Karsten Drews. „Das ist natürlich unmöglich.“
Bei HBS Elektrobau arbeiten Azubis aus Spanien, Rumänien, der Ukraine und Mazedonien
Zu wenig Bewerberinnen und Bewerber
Die HBS Elektrobau GmbH wächst seit Jahren, ebenso der Bedarf an Fachkräften. Um sie von Anfang an nach den eigenen betrieblichen Bedürfnissen auszubilden, sucht HBS besonders Berufsanfänger. Die sind im Inland allerdings nicht leicht zu finden: Denn die Elektroindustrie hat ohnehin Nachwuchsprobleme, und das Unternehmen sitzt zudem noch in einer ländlichen Region. Die Geschäftsführung sucht deshalb auch im Ausland nach Auszubildenden. Inzwischen kommt gut die Hälfte der Auszubildenden bei der HBS Elektrobau aus Ländern wie Rumänien, Ungarn, Bulgarien und Spanien.
Azubi-Suche im Ausland
Drews ist Gesellschafter bei HBS Elektrobau, sein Kollege Frank Walter ist Leiter der Ausbildung. Weil das Finden von Auszubildenden und qualifizierten Fachkräften in Deutschland immer schwieriger wurde, weitete HBS die Suche nach Auszubildenden auch ins Ausland aus. Mit Erfolg: 2012 kamen die ersten Azubis aus Spanien und Rumänien, mittlerweile fokussiert sich das Unternehmen hauptsächlich auf die Ukraine, Mazedonien und in Zukunft eventuell auch Marokko. Vor zwei Jahren kamen von den neuanfangenden Auszubildenden über 30 aus dem Ausland, vier aus Deutschland. „Ich bin heilfroh, dass wir damals beschlossen haben, auch im Ausland nach Auszubildenden zu suchen“, sagt Drews. „Hätten wir diese Entscheidung damals nicht getroffen, hätten wir heute 30 bis 40 Mitarbeiter weniger.“ Am HBS-Standort in Schleiz kommen von den 250 Mitarbeitern aktuell rund zehn Prozent aus dem Ausland. „Das wird sich in den nächsten zwei bis drei Jahren nochmal stark verschieben.“ Schließlich wollen Drews und Walter möglichst viele der Azubis übernehmen.
Azubis aus dem Ausland entwickeln stärkere Bindung ans Unternehmen
Dass HBS bei der Rekrutierung im Ausland vor allem Auszubildende und nicht bereits qualifizierte Fachkräfte sucht, hat verschiedene Gründe. „Es ist gar nicht so einfach für eine ausländische Fachkraft, in Deutschland als Elektrofachkraft zu arbeiten“, erklärt Frank Walter. Um in Deutschland arbeiten zu dürfen, müssen ausländische Fachkräfte die Gleichwertigkeit ihrer Fähigkeiten mit den Anforderungen einer deutschen Ausbildung nachweisen. Das geht entweder über eine praktische Prüfung oder einem Anerkennungsverfahren, indem die Ausbildungsinhalte verglichen werden. Die Prüfung sei wegen Sprachbarrieren meist zu schwer. „Deshalb ist der Weg der Anerkennung des Berufsabschlusses der bessere“, so Walter. Der dauert allerdings rund ein bis eineinhalb Jahre. Da ist es effizienter, einfach direkt selbst auszubilden. Außerdem könne man bei jemandem, der die Ausbildung nach deutschen Standards und in deutscher Sprache durchläuft am Ende auch sicher sein, dass die Person auf dem geforderten fachlichen Niveau ist. „Denn auch wenn ein ausländischer Titel hier anerkannt wird, kann es passieren, dass der Wissensstand sehr unterschiedlich ist, da sich die Ausbildungen im Ausland von der deutschen stark unterscheiden können.“ Ein weiterer Vorteil ist, dass jemand, der durch die Ausbildung drei Jahre lang im Betrieb bleibt, auch eine stärkere langfristige Bindung an die Firma hat und nicht so schnell zu einem anderen Unternehmen wechselt.
Azubi-Suche: Internationale Schulkooperationen helfen
Für die Suche nach Auszubildenden arbeitet HBS im Ausland mit Partnern wie beispielsweise Sprachschulen oder allgemeinbildenden Schulen zusammen. „Diese vermitteln Jugendliche, die wir dann zu einem Jobinterview einladen“, sagt Walter. „Wenn es passt laden wir Sie ein, zu uns nach Deutschland zu kommen.“ Anschließend organisiert HBS auch viele bürokratische Dinge, geht beispielsweise mit zum Einwohnermeldeamt, eröffnet mit den Auszubildenden ein Konto und kümmert sich um die Krankenversicherung. In einem Lehrlingswohnheim stellt HBS ihnen einen Platz zum Wohnen zur Verfügung.
Integration: Mit Kommunikation Vorurteile abbauen
Dass die Neuankömmlinge schließlich auch am Arbeitsplatz vom gesamten Personal gut aufgenommen werden, bedarf einiger Vorbereitung. Das funktioniert auch meistens gut, schließlich hat HBS schon viel Erfahrung sammeln können. „Aber natürlich gibt es trotzdem noch Hürden und Vorurteile zu überwinden“, sagt Walter. „Gerade auch die Sprache spielt dabei eine große Rolle – nicht nur für den Azubi, der möglicherweise nur wenig versteht, sondern auch für den deutschen Mitarbeiter, der nicht verstanden wird.“ Dadurch könne beispielsweise das Tempo auf der Baustelle sinken, befürchten einige Mitarbeiter. Dazu kommen kulturelle Unterschiede, die überbrückt werden müssen.
Um Ängste und Sorgen beim Personal abzubauen, informiert die Firmenleitung bei regelmäßigen Infoveranstaltungen über den Stand der Mitarbeitersuche und bezieht die Belegschaft in den Prozess mit ein. Gerade habe man bei einer Veranstaltung diskutiert, was zu beachten ist, wenn das Unternehmen in Zukunft auch Azubis in Marokko sucht. „Es ist extrem wichtig, dass alle im Unternehmen an Bord sind“, sagt Drews.
Integration der Azubis durch gemeinsame Freizeit-Aktivitäten
Bei der Integration helfen auch gemeinsame Aktivitäten der Fachkräfte aus aller Welt. HBS arbeitet mit einem regionalen Sportverein zusammen, organisiert Fußball- und Volleyballspiele Bei Team-Abenden innerhalb der Abteilungen lernen die Auszubildenden ihre Bauleiter auch mal als Privatpersonen kennen.
Das wichtigste für die gelungene Integration bleibt allerdings die Sprache. Deshalb beginnt die Ausbildung in Deutschland mit einem vierwöchigen Intensiv-Sprachkurs. Dabei mache das Sprachniveau in der Regel nochmal einen großen Sprung. Und: „In der Zeit gewöhnen sie sich auch an unseren Dialekt“, schmunzelt Karsten Drews. „Wir Thüringer reden ja nicht unbedingt immer reinstes Hochdeutsch.“