Mit Nachhaltigkeit Fachkräfte gewinnen
Nachhaltig sein trotz schwieriger Voraussetzungen? Das Familienunternehmen RINN hat das geschafft. Der Hersteller von Betonsteinen mit Hauptsitz in Heuchelheim bei Gießen ist in einer energie- und ressourcenintensiven Branche tätig. Unter anderem werden große Mengen an Naturrohstoffen, Wasser und Zement benötigt. Doch man sei erfinderisch geworden, um die Situation zu verbessern, sagt Geschäftsführer Christian Rinn.
“Blauer Engel”: Rinn erhielt wichtigstes Umweltsiegel
Das Unternehmen, das an den drei Standorten Heuchelheim, Fernwald-Steinbach und Stadtroda rund 580 Menschen beschäftigt, schwenkte schon vor 12 Jahren um. Es stellte sich in allen Bereichen nachhaltig auf - von ökologischer über ökonomische bis zu sozialer Nachhaltigkeit. “Seit 2014 sind wir klimaneutral”, erklärt Luisa Rinn, die Teil der Geschäftsführung ist. Zwei Drittel der Energie bekomme das Unternehmen aus erneuerbaren Energien, ein Drittel aus fossilen Brennstoffen, die über CO2-Zertifikate kompensiert werden.
Im Sommer 2021 erreichte das Unternehmen einen wichtigen Meilenstein: Es erhielt die Auszeichnung “Blauer Engel” - das wichtigste Umweltsiegel in Deutschland. Dieses Umweltzeichen der Bundesregierung kennzeichnet umweltschonende Produkte und Dienstleistungen. Viele Alltagsprodukte tragen das Umweltzeichen, etwa Farben, Möbel, Waschmittel oder Recyclingpapier. Ausgezeichnet wurden bei RINN die Betonsteine mit bis zu 40 Prozent Recycling-Anteil.
Nachhaltigkeit: Wichtig für Fachkräftesicherung
Das, so berichtet Luisa Rinn, war auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein großer Erfolg. Sie sind sehr stolz auf die Auszeichnung. Ökologische Nachhaltigkeit hat sich in den vergangenen Jahren zu einem immer wichtigeren Aspekt entwickelt - auch für die Bindung und Gewinnung von Fachkräften. Beschäftigte achten darauf, ob und wie sich ihr Arbeitgeber bei diesem wichtigen Zukunftsthema positioniert. Wer Pionierarbeit leistet, hat gute Chancen, Fachkräfte von sich zu überzeugen. Das Zertifikat “Blauer Engel” hat eine große Wirkung auf Bewerbende und wird immer wieder angesprochen, teils schon im ersten Bewerbungsgespräch.
Doch auch in der Personalarbeit setzt RINN auf Nachhaltigkeit. Der Geschäftsführung ist wichtig, die sozialen Komponenten zu stärken. Dazu zählt für Christian Rinn unter anderem, die Mitarbeitenden in Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Ein Beispiel: Bevor neue Mitarbeitende eingestellt werden, findet immer ein Schnuppertag für die Kandidatinnen und Kandidaten statt. Die Kolleginnen und Kollegen im jeweiligen Bereich dürfen dann mitentscheiden, ob die potenziellen Neuzugänge fachlich und menschlich ins Team passen. Überhaupt setzt RINN auf Augenhöhe: Alle werden geduzt - auch der Chef.
In den nächsten zehn Jahren geht circa ein Viertel der Beschäftigten in den Ruhestand. Auch um dem entgegenzuwirken, ist Ausbildung für uns die beste Methode
Luisa RinnGeschäftsführungDie Fluktuation im Unternehmen sei sehr gering. Jedes Jahr gibt es mehrere Jubilarinnen und Jubilare, die seit 10, 25 oder 40 Jahren in der Firma sind. Die geringe Fluktuation wirke sich auch positiv auf die Werbung neuer Fachkräfte aus. Berichten Mitarbeitende von ihren positiven Erfahrungen mit dem Arbeitgeber, kann das Bekannte und Verwandte bestärken, sich ebenfalls dort zu bewerben. Für die Belegschaft gibt es ein Anreizsystem: Wer einen neuen Mitarbeitenden wirbt, erhält eine Geldprämie. Inzwischen kämen rund 50 Prozent der Neubesetzungen durch Vermittlungen der Beschäftigten zustande, erklärt Christian Rinn.
Ausbildung: Rinn bietet neun Ausbildungsberufe
Zudem arbeitet das Unternehmen verstärkt daran, den Fachkräftemangel durch Ausbilden aktiv zu bekämpfen. Gab es früher nur drei Ausbildungsberufe, sind es inzwischen neun. RINN arbeitet auch mit externen Partnerinnen und Partnern zusammen und bildet Ausbildungskooperationen. Außerdem pflegt das Unternehmen einen intensiven Kontakt mit den umliegenden Schulen, unterstützt im Fach Berufsorientierung und bietet Praktika an.
Statt den Wettbewerb um begehrte Kräfte zu verstärken, indem man sie aus anderen Unternehmen abwirbt, will RINN so selbst mehr Nachwuchs heranziehen. Luisa Rinn erklärt, dass circa ein Viertel der Beschäftigten in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehe. “Auch um dem entgegenzuwirken”, sagt sie, “ist Ausbildung für uns die beste Methode.”