Pflegekräfte aus dem Ausland rekrutieren und halten
Zuletzt aktualisiert: 24. April 2023Die Kliniken von MEDIAN sind in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Heute hat das Unternehmen mehr als 120 Reha-Einrichtungen in ganz Deutschland. Personal für die neuen Standorte zu finden, ist in Zeiten des Fachkräftemangels schwierig. Deshalb rekrutiert der Klinik-Betreiber immer mehr Pflegekräfte und neuerdings auch Physiotherapeutinnen und -therapeuten aus dem Ausland.
3 Tipps zur Integration ausländischer Fachkräfte
- Integrationsleitfaden entwickeln: Damit ausländische Fachkräfte gut integriert werden können, müssen die anderen Beschäftigten mitziehen. Entwickeln Sie einen Leitfaden, in dem die Mitarbeitenden nachlesen können, wie sie bei der Integration neuer Kolleginnen und Kollegen vorgehen sollen. Unsere Checkliste unterstützt Sie dabei.
- Integrationsbeauftragten benennen: Legen Sie gemeinsam mit Ihren Beschäftigten einen Integrationsbeauftragen oder eine Integrationsbeauftrage aus der Belegschaft fest. Diese Person unterstützt die Fachkräfte auch außerhalb des Arbeitsumfelds – zum Beispiel dabei, ein Konto einzurichten oder Deutsch zu lernen.
- Sprachkurse fördern: Unterstützen Sie die Mitarbeitenden aus dem Ausland verstärkt dabei, schnell Deutsch zu lernen. Bieten Sie zum Beispiel finanzielle Unterstützung für Sprachkurse an. Wenn mehrere Beschäftigte betroffen sind, können Sie auch einen eigenen Sprachlehrer engagieren.
Klinik sucht Personal im Ausland
Die Kliniken von MEDIAN trifft der Fachkräftemangel in Deutschland gleich doppelt. Zum einen ist der Nachwuchs im Pflegebereich ohnehin rar gesät, zum anderen befinden sich die Reha-Einrichtungen überwiegend im ländlichen Raum. Schließlich sollen sich die Menschen in den Einrichtungen erholen können. Diese Standorte haben Nachteile bei der Gewinnung junger Pflegekräfte, erklärt Sebastian Willkomm, Leiter Strategische Personalgewinnung bei MEDIAN: „Junge Pflegekräfte und Ärzte gewinnt man einfacher für Städte wie Berlin, Köln oder Hamburg als beispielsweise für Bernkastel-Kues an der Mosel.“
Die Suche nach Pflegefachkräften, inzwischen auch nach Physiotherapeutinnen und -therapeuten, wird in Deutschland für Willkomm immer schwieriger. Das ist der Hauptgrund, warum MEDIAN seit einigen Jahren verstärkt im Ausland nach Personal sucht. Rekrutierte das Unternehmen eine Zeit lang vor allem in Ländern wie Albanien, dem Kosovo oder Serbien, sucht es inzwischen in vielen weiteren Ländern weltweit. Dazu zählen zum Beispiel Ägypten, Tunesien, die Philippinen und südamerikanische Länder. „Wir finden in vielen Ländern Kandidaten, die Interesse haben, nach Deutschland zu kommen und die Sprache zu lernen“, sagt Willkomm. Außerdem gebe es in einigen Ländern arbeitssuchende Pflegekräfte mit absolviertem Studium. „Und wir sind weiterhin dabei, Kooperationen mit Partnern in neuen Ländern zu schließen“, sagt er. In rund einem Drittel der MEDIAN-Einrichtungen arbeiten mittlerweile aus dem Ausland rekrutierte Fachkräfte – Tendenz steigend.
Projektpartner helfen bei der Fachkräftesuche
Bei der Fachkräftesuche kooperiert die MEDIAN-Unternehmensgruppe häufig mit Projektpartnern. Diesen privaten Dienstleistern kommt eine wichtige Rolle zu. „Die Projektpartner sind Vermittler und Ausbilder“, erklärt Willkomm. Sie haben in den jeweiligen Ländern Netzwerke aufgebaut, um passende Kandidaten zu finden und den Kontakt nach Deutschland herzustellen. Außerdem bereiten die Partner die ausländischen Pflegekräfte auf Arbeit und Leben in Deutschland vor.
Mittlerweile rekrutiert die Klinik-Gruppe aber auch verstärkt selbst Menschen aus dem Ausland. Dabei helfen Mitarbeitende, die aus den jeweiligen Ländern kommen und dort zum Beispiel Kooperationen mit Schulen aufbauen. „Diese sind wichtig, um die Menschen auf den Einsatz in Deutschland vorzubereiten“, sagt Willkomm. „Sie müssen Deutsch lernen, fachlich geschult werden und das Verfahren zur beruflichen Anerkennung durchlaufen.“ Dieses dient der Prüfung, ob die ausländische Berufsqualifikation mit einem deutschen Abschluss gleichwertig ist. Um dieses Verfahren erfolgreich abzuschließen, hätten die Betroffenen zwei Möglichkeiten, erklärt Willkomm: „Entweder legen sie eine Fachkenntnisprüfung ab, oder sie nehmen an einer mehrmonatigen Anpassungsmaßnahme teil. Bei letzterem können sie die Dinge dazulernen, die ihnen für den deutschen Berufsabschluss noch fehlen.“
Welche Vorteile bringt die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen für Ihr Unternehmen und wie können Sie den Anerkennungsprozess unterstützen?
Mehr erfahrenGenerell gilt laut Willkomm: „Je besser die Vorbereitung der Fachkräfte bereits im Heimatland ist, desto besser gelingt auch die Integration.“ Hilfreich für die Integration ist es aus der Erfahrung des Unternehmens zudem, wenn die Fachkräfte nicht einzeln kommen, sondern in kleineren Gruppen. Insbesondere im ländlichen Raum, wo sonst teils wenig internationale Netzwerke vorhanden sind. Dann fühlen sie sich nicht komplett allein in der Fremde. Dabei müsse man aber auch darauf achten, dass sich diese Grüppchen nicht abkapseln und nur untereinander in ihrer Muttersprache reden.
Personal hilft mit gelebter Willkommenskultur
Für eine gelungene Integration braucht es aber immer zwei Seiten. Nicht nur die ausländischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen sich offen zeigen, auch das bereits in den Kliniken arbeitende Personal muss die neuen Kollegen und Kolleginnen gut aufnehmen und ihnen den Start im fremden Land erleichtern. „Wir haben dafür unter anderem einen Integrationsleitfaden entwickelt und tauschen regelmäßig die Erfahrungen aus, die unsere verschiedenen Einrichtungen bei der Integration machen“, sagt Willkomm. An vielen Einrichtungen wurden unter den Mitarbeitenden außerdem verantwortliche Integrationsbeauftragte festgelegt, die neue Fachkräfte auch außerhalb des Arbeitsumfeldes unterstützen. Sie helfen beispielsweise neben der Einarbeitung im Job auch beim Einrichten eines Kontos oder beim weiteren Spracherwerb. An einigen Klinikstandorten engagiert die Unternehmensgruppe eigene Sprachlehrkräfte, an anderen unterstützt MEDIAN das selbstständige Besuchen eines Sprachkurses finanziell.
Keine Garantie für gelungene Integration
Ein großes Thema ist auch die Wohnungssuche. Sie ist nicht immer einfach, da Vermieterinnen und Vermieter ausländischen Menschen mit geringen Deutschkenntnissen gegenüber oft skeptisch seien. „Wir als Klinik können dann stattdessen selbst eine Wohnung anmieten und diese an die Mitarbeitenden untervermieten“, erklärt Willkomm. Die Wohnungssuche im ländlichen Raum kann deutlich einfacher sein, weil Wohnraum dort weniger rar und teuer ist als in Großstädten.
Ein zu 100 Prozent sicheres Rezept für das Gelingen der Integration gibt es natürlich nicht. Auch wenn die Vorbereitung gut lief und das Team vor Ort die neuen Mitarbeiter offen aufnimmt, kann es passieren, dass ausländische Pflegekräfte wieder abreisen. Das kommt auch bei den Kliniken von MEDIAN in Einzelfällen vor. „Manche Leute sind sprachaffin, können sich einfach zwischen den verschiedenen Kulturen bewegen, sind wissbegierig und offen“, sagt Willkomm. „Für andere sind die kulturellen Unterschiede dagegen zu groß oder sie haben einfach zu starkes Heimweh und können sich deshalb nicht richtig einleben. Daher ist es wichtig, auf jeden Menschen individuell einzugehen und ihn bestmöglich vorzubereiten.“ Insgesamt sei das Vorgehen aber ein Erfolg: Die Quote der Fachkräfte, die bleiben, liege deutlich über 90 Prozent.
Eine der größten Herausforderungen bleibt aus Willkomms Sicht die deutsche Bürokratie. „Es vergeht sehr viel Zeit, bis die ausländischen Arbeitskräfte tatsächlich zu uns kommen können“, sagt er. Die Einreise müsse häufig mit bis zu zwölf Monaten Vorlauf geplant werden. Das, so fordert er, müsse die Politik dringend ändern.