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Fachkräftesicherung in der Pflege-Branche

Fachkräftesicherung in der Pflege-Branche

Der private Pflegedienst „Mani Häusliche Pflege“ aus Lüdenscheid ist preisgekrönt. Im November 2020 nahm Geschäftsführerin Myra Mani als Zweitplatzierte den Deutschen Pflegepreis in der Kategorie „Guter Arbeitsplatz“ entgegen. Vor allem das professionelle betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) überzeugte die Jury. Schon 2013 zeichnete das Bundeswirtschaftsministerium den Familienbetrieb mit dem Unternehmenspreis „Vielfalt.Wachstum.Wohlstand“ aus. „Sie zeigen eindrucksvoll, wie Anwerbung und Integration ausländischer Fachkräfte in der Praxis erfolgreich gelingen können“, hieß es in der Laudatio. Geschäftsführerin Myra Mani berichtet im KOFA-Interview von ihren Erfolgsrezepten zur Fachkräftesicherung in der Pflege.

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Frau Mani, wie erleben Sie die Fachkräftesituation?

Mani: Die Fachkräftesituation in der Pflege ist schwierig. Das lässt sich auch anhand der Zahlen belegen. Am Ende gibt es einfach zu wenige Fachkräfte, die in der Pflege arbeiten, um die Pflegebedürftigen zu versorgen.

Um geeignetes Personal zu finden, haben Sie gezielt im Ausland rekrutiert…

Mani: Wir stellen immer wieder Fachkräfte aus dem Ausland ein, das ist richtig. Ich finde es aber ganz wichtig zu betonen, dass die Auslandsrekrutierung für uns nur eine Säule im Bereich der Fachkräftesicherung ist.
Unsere erste Säule ist definitiv die Rekrutierung im Inland. Dieser Weg ist einfacher und kostengünstiger als die Rekrutierung im Ausland. Die zweite wichtige Säule zur Fachkräftesicherung ist unsere Ausbildung. Da beide Maßnahmen in unserer Branche aber nicht ausreichen, um den Fachkräftebedarf zu decken, nutzen wir auch das Mittel der Auslandsrekrutierung.

Wann haben Sie mit der Auslandsrekrutierung begonnen?

Mani: Das war ungefähr 2011. Viele Menschen in Südeuropa haben in dieser Zeit keine Arbeit in ihrem Land gefunden. Gleichzeitig haben wir schon damals händeringend Personal gesucht. Wir haben uns dazu entschieden, in Portugal Fachkräfte anzuwerben – wir haben aber auch über Italien, Griechenland und Spanien nachgedacht. Dass wir uns letztlich für Portugal entschieden haben war reiner Zufall.

Wie sah denn dieser Zufall aus?

Mani: Wir haben damals Menschen aus unserem Bekanntenkreis in den jeweiligen Ländern angesprochen und ihnen von unserer Idee der Auslandsrekrutierung erzählt. Eine portugiesische Bekannte hat uns am meisten in unserem Vorhaben bestärkt. Wir haben dieses Signal ernst genommen und angefangen, dort gezielt zu rekrutieren. Heute haben wir auch Mitarbeitende aus Serbien, Bulgarien und Indien, die bewusst für die Arbeit in der Pflege nach Deutschland gekommen sind.

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    Wie sind Sie bei der Auslandsrekrutierung in Portugal vorgegangen?

    Mani: Wir sind damals auf die zuständige Auslandshandelskammer zugegangen und haben eine Liste mit Krankenpflegeschulen und Universitäten in Portugal bekommen, die Studiengänge für Pflegekräfte anbieten. Diese Institutionen habe ich abtelefoniert. Ich konnte damals nur eine einzige Frage auf Portugiesisch und die lautete: Sprechen Sie Englisch? – Diesen Satz habe ich am Telefon so lange wiederholt, bis mir jemand mit Englischkenntnissen gereicht wurde. Ich habe unser Unternehmen vorgestellt, erklärt, dass wir auf Personalsuche sind und ich uns als Arbeitgeber gerne bei den Studierenden vorstellen würde. Etwa fünf Ansprechpartner waren an einer Kooperation zwischen unserem Betrieb und ihrer Institution interessiert. Wenig später bin ich dann nach Portugal geflogen und habe an den Schulen und Unis Werbung für uns als Arbeitgeber gemacht, aber vor allem auch für Deutschland, denn für viele war Deutschland damals nicht die erste Anlaufstelle aufgrund der Sprache. Die Werbung hat geholfen: Über diesen Weg kamen die ersten Mitarbeitenden aus Portugal zu uns.

    Nutzen Sie den Kontakt zu den Schulen und Universitäten in Portugal noch heute zur Rekrutierung?

    Mani: Es gibt weiterhin eine Universität, mit der wir eng zusammenarbeiten. Die Studentinnen und Studenten der Pflegefachrichtung müssen in ihrem Abschlussjahr ein Pflichtpraktikum absolvieren. Im Rahmen des ERASMUS-Programms haben die Studierenden die Möglichkeit dieses Pflichtpraktikum in Deutschland zu machen. Das ist eine tolle Chance: Die Studierenden lernen uns, die Region und den Pflegealltag in Deutschland kennen. Und wir können guten Praktikanten im Anschluss einen Vertrag für eine langfristige Zusammenarbeit anbieten. 

    Inwieweit unterstützen Sie die Studierenden bei ihrer Ankunft in Lüdenscheid?

    Mani: Wir sind keine Universitätsstadt. Das bedeutet, es gibt kaum WG-Zimmer oder möblierte Wohnungen. Von daher helfen wir zum Beispiel bei der Wohnungssuche. Zum Glück sind unsere Mitarbeitenden hier auch sehr engagiert – vor allem wenn es sich um Neuankömmlinge aus der eigenen Heimat handelt. Die Hilfsbereitschaft untereinander ist sehr groß.

    Was ist Ihrer Meinung nach bei der Rekrutierung europäischer Fachkräfte die größte Herausforderung?

    Mani: Europäische Fachkräfte dürfen in Deutschland grundsätzlich arbeiten. Allerdings handelt es sich beim Beruf der Pflegefachkraft um einen so genannten „reglementierten Beruf“. Das bedeutet, dass Pflegefachkräfte zunächst ein Anerkennungsverfahren durchlaufen müssen, um vollwertig eingesetzt werden zu können.
    Wir probieren mittlerweile das Anerkennungsverfahren vor der Einreise zu beenden. Wir haben gemerkt, dass es den Menschen nicht gut tut, wenn sie in ihren ersten Wochen in Deutschland nur als ungelernte Hilfskräfte eingesetzt werden dürfen. Wir reden hier von Uniabsolventen oder erfahrenen Fachkräften. Wenn diese Menschen nicht adäquat beschäftigt werden, macht das was mit der Psyche.

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      "Es gibt zu wenig Fachkräfte, die in der Pflege arbeiten wollen", betont Myra Mani, Arbeitgeberin im Pflegebereich. Und die Nachfrage nach Personal steigt stetig - ob im Handwerk oder der Industrie.

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      Haben Sie auch schon Erfahrung mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz gemacht, das seit März 2020 in Kraft ist?

      Mani: Ja, das Fachkräfteeinwanderungsgesetz  ermöglicht ja die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Nicht-Europäischen Ausland. Wir haben Mitarbeitende aus Indien gewinnen können. Der Kontakt kam über meine Eltern, die in den 1970er Jahren selbst aus Indien nach Deutschland eingewandert sind.  

      Bei Ihnen arbeiten heute Mitarbeitende aus zehn Nationen. Braucht es da spezielle Maßnahmen, um das „Wir-Gefühl“ im Team zu stärken?

      Mani: Ein vielfältiges Team war uns immer wichtig. Wenn man zu viele Menschen aus einem Land rekrutiert, kommt es möglicherweise zu Abspaltungen oder Gruppenbildungen. Das wollten wir nach Möglichkeit vermeiden.
      Grundsätzlich glaube ich, dass ein multikulturelles Team keine speziellen Maßnahmen braucht, wenn es eine starke Unternehmenskultur gibt. Das ist bei uns der Fall. Wir sprechen viel über unsere gemeinsamen Werte: Der Mensch steht bei unserer Arbeit im Mittelpunkt. Wir alle kennen den Sinn unserer Arbeit. Wir legen Wert auf ein respektvolles Miteinander und auf gemeinsame Feste. Und wir schützen die Gesundheit unserer Mitarbeitenden. Das alles trägt zu einer starken Gemeinschaft bei.   

      Wie sieht ihr betriebliches Gesundheitsmanagement aus?

      Mani: Wir haben schon immer großen Wert auf Familienfreundlichkeit gelegt. Um Mütter und Väter vor Überlastung zu schützen, regeln wir insbesondere die Arbeitszeiten von jungen Eltern sehr flexibel und nach den individuellen Bedürfnissen.
      Wir beteiligen uns am lokalen Firmenlauf und bieten Fahrsicherheitstrainings an. Wir ermöglichen gemeinsamen Rehasport, um einen Ausgleich zu der körperlich anstrengenden Pflegetätigkeit zu schaffen. Darüber hinaus führen wir in Kooperation mit der AOK alle drei Jahre eine Arbeitssituationserfassung durch. Psychische und physische Belastungen werden so analysiert und wir können sinnvolle Maßnahmen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ableiten. Seit drei Jahren haben wir ebenfalls in Kooperation mit der AOK den „Lebe Balance“ Kurs für alle Mitarbeiter. Der Kurs gibt jedem die Tools und Techniken, wie man mit dem privaten und beruflichen Stress besser umgehen kann.

      Während der Coronakrise hat die angespannte Fachkräftesituation in der Pflegebranche vermehrt Aufmerksamkeit erhalten. Wird dies einen Effekt auf die Fachkräftesituation in Ihrer Branche haben?

      Mani: Die Anforderungen an Pflegerinnen und Pfleger in Deutschland sind horrend. Wir blicken auf sehr anstrengende Monate während der Corona-Pandemie zurück und in eine ungewisse Zukunft. Das ist kraftzehrend. Vielleicht wird der Pflege-Beruf nach der Pandemie mehr Wertschätzung erfahren und es ergreifen mehr Menschen diesen Beruf. Vielleicht verändert sich aber auch wenig und der Fachkräftemangel bleibt bestehen. Zurzeit kann ich die Entwicklung schlecht voraussehen. Fakt ist aber, dass sich etwas verändern muss, denn jedem sollte mittlerweile bewusst geworden sein, welche essentielle Rolle unser Gesundheitssystem für unsere Gesellschaft hat.

      Wir danken Frau Mani für das Gespräch.

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