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Warum einige Unternehmen für Frauen attraktiv sind – und andere nicht

Warum einige Unternehmen für Frauen attraktiv sind – und andere nicht

Carsten Wippermann ist Professor für Soziologie in der Sozialen Arbeit. In unserem Experten-Interview gibt er Antworten auf die Frage: Warum einige Unternehmen für Frauen attraktiv sind – und andere nicht.

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Ein Experten-Interview mit Prof. Dr. Carsten Wippermann

Jedes Jahr verlassen sehr viele hochqualifizierte Frauen die Schulen und Hochschulen und suchen einen Arbeitgeber, der zu ihnen passt. Welche Argumente sind für Frauen besonders wichtig, um sich für ein Unternehmen zu entscheiden?

Wippermann: Viele Frauen fürchten in Unternehmen nicht die gleichen Einkommens- und Aufstiegschancen zu haben wie Männer. Arbeitgeber, die diese Sorgen glaubhaft widerlegen können, sind für Frauen hochattraktiv.

Dabei helfen konkrete Zahlen: Wie viele Frauen und Männer haben in den letzten Jahren den Aufstieg ins mittlere Management geschafft? Und welchen Bruttostundenlohn erhalten Männer und Frauen bei gleicher Qualifikation und gleicher Position? – Wer solche Fragen offensiv beantworten kann, macht sich als Arbeitgeber interessant. 

In der Vergangenheit gab es das Vorurteil, dass es vor allem Männer sind, die nach den Chefposten streben...

Zu sehen ist Carsten Wippermann mit Anzug und Krawatte vor einem schwarzen Hintergrund

In unseren Studien haben wir festgestellt, dass junge Frauen in gleicher Weise wie Männer beruflich vorwärtskommen und Leitungsverantwortung übernehmen wollen. Unternehmen sollten Frauen deshalb deutlich machen: Wir schätzen Dich nicht nur als qualifizierte Fachkraft – quasi als fleißige Arbeitsbiene – sondern wir bieten Dir auch Aufstiegschancen, und zwar in gleicher Form, wie den männlichen Kollegen.

Prof. Dr. Carsten Wippermann

Halten Sie eine frauenspezifische Ansprache, z. B. in Stellenausschreibungen, für sinnvoll, wenn die Wünsche von Bewerberinnen und Bewerbern sich offensichtlich so sehr ähneln?

Wippermann: Es gibt schon Botschaften, die für Frauen relevanter sind als für Männer. Wie schon gesagt: Männern muss man nicht sagen, dass sie gerecht bezahlt werden – Frauen schon. Grundsätzlich wissen wir aber von Frauen im Alter von bis zu 35 Jahren, dass sie im Arbeitsleben keine Sonderbehandlung wünschen: Das Wort „Frauenförderung“ empfindet die junge Generation sogar als abschreckend. Es klingt ja auch so, als ob Frauen gefördert werden müssten, weil sie Defizite hätten. Aber das Defizit liegt ja nicht in ihrem Geschlecht oder in ihrer Qualifikation, sondern in Organisationsstrukturen und in einer strukturellen Benachteiligungen. Frauen möchten nicht gefördert sondern befördert werden!

Aus gutem Grund darf über Familienplanung in einem Bewerbungsgespräch nicht gesprochen werden. Sollten Unternehmen sich trotzdem bei Frauen als familienfreundliches Unternehmen präsentieren?

Wippermann: Ich empfehle Arbeitgebern zu signalisieren, dass sie eine „Ermöglichungskultur“ pflegen. Ermöglicht werden nicht nur Aufstiegschancen und Chefposten, sondern im besten Fall auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Unternehmen sollten zeigen, welche Wege sie beschreiten, um diese Vereinbarkeit umzusetzen. Zum Beispiel, indem sie ihre Mitarbeiter bei der Kinderbetreuung unterstützen oder flexible Arbeitszeiten anbieten. Solche Angebote sind nicht nur für Frauen interessant. Auch junge Männer möchten in ihren Familien als Väter präsent sein.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein wichtiger Faktor im Wettbewerb um Fachkräfte. Familienfreundlichkeit fördert die gezielte Rekrutierung sowie die Bindung von Fachkräften. Wir geben praktische Tipps zur Umsetzung.

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Wie gelingt es Unternehmen, Frauen in der Familienphase weiter ans Unternehmen zu binden?

Wippermann: Leider haben beruflich ambitionierte Frauen bis heute den Eindruck, dass sie sich zwischen Kind und Karriere entscheiden müssen. Bei Freundinnen und Bekannten beobachten sie, dass es eine Frage von finanziellem und zeitlichem Kalkül ist, ob und wann Familie gegründet wird. Diesen Entscheidungsdruck halten Frauen für völlig unzeitgemäß.

Unternehmen können Frauen in dieser Lebensphase unterstützen, indem sie signalisieren: „Du bist mir als Fachkraft so wichtig, dass ich dich nicht auf eine Vollzeitstelle festnagele. Du kannst vorübergehend in Teilzeit arbeiten oder ganz aussteigen und zurückkommen.“ Wer hier Optionen aufzeigt, stellt eine wichtige Weiche, um Frauen als Mitarbeiterinnen langfristig zu halten.

Karrieren in Teilzeit wurden in den letzten Monaten auch auf politischer Ebene stark diskutiert – z. B. in Form eines Rückkehrrechts von Teilzeit in Vollzeit. Ist die vorübergehende Arbeit in Teilzeit für ambitionierte Frauen wirklich die Lösung?

Wippermann: Leider ist es in unserem Wirtschaftssystem so, dass Männer und Frauen, die in Teilzeit arbeiten, mit einer Art Makel versehen sind – in einer Vielzahl von Unternehmen kommen sie für Führungsaufgaben nicht mehr in Frage. Führen in Teilzeit ist deshalb eine ganz wichtige Maßnahme, um langfristig Aufstiegschancen zu sichern. Nur wenn Mütter und Väter in der Familienphase z. B. im mittleren Management Führungserfahrung sammeln können, haben sie später die Chance, auch höhere Positionen zu besetzen.

Welche Erfahrungen gibt es mit Personalführung in Teilzeit?

Wippermann: Führen in Teilzeit ist nicht einfach. Aber dort, wo die Vorbereitungen getroffen wurden und wo es die Rahmenbedingungen gibt, funktioniert es sehr gut.

Zunächst einmal muss es zwei Führungskräfte geben, die bereit sind, sich eine Position gleichberechtigt zu teilen. Üblicherweise denkt man daran, dass sich zwei Fachkräfte eine 100-Prozentstelle zu je 50 Prozent teilen. Das ist auch in der Praxis noch der Normalfall. Doch es gibt mittlerweile einige Unternehmen, die hier weiter gehen, um ihre Führungskräfte besser an sich zu binden und weil es sich für das Geschäft als vorteilhaft erweist. Hier arbeiten beide Führungskräfte im Tandem jeweils 60 oder 70 Prozent, damit es Zeit für den gemeinsamen Austausch gibt. Damit ist eine Stelle mit 120 bzw. 140 Prozent besetzt.

Es muss Phasen geben, in denen beiden Führungskräfte gleichzeitig im Unternehmen präsent sind. Auch die Kommunikation ans Team ist wichtig: Es muss deutlich werden, dass beide Führungskräfte gleichberechtigt nebeneinander stehen – denn wenn es einen Junior- und Seniorpartner gibt, führt dies meist zu Konflikten. Dabei ist in der Praxis noch häufig zu beobachten, dass eine Führungskraft in Teilzeit in ihrem Team, das sie leitet, am liebsten nur Vollzeitkräfte haben möchte, weil sie in ihrer Arbeitszeit vollen Zugriff auf jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter will, etwa für kurzfristige Aufgaben oder die Übernahme von Verantwortung. Im Moment senkt Führen in Teilzeit noch die Wahrscheinlichkeit die Teilzeitbeschäftigung für die Mitarbeiter im zugeordneten Team. Hier benötigen wir in Zukunft ein anderes Bewusstsein und intelligente Lösungen.

Für Unternehmen ist es aber deutlich teurer, eine Stelle mit insgesamt 120 oder 140 Prozent auszustatten…

Wippermann: Das stimmt. Dafür erhält das Unternehmen aber auch zwei Köpfe, die denken und arbeiten. Das ist auch eine Chance, für Innovationen und Kreativität. 

Wir danken Herrn Wippermann für das Gespräch.