So gelingt die Mitarbeiterbefragung im Betrieb
3 Tipps für eine Mitarbeiterbefragung:
1. Unterstützung nutzen: Wer eine Mitarbeiterbefragung durchführen will, kann sich bei Krankenkassen nach Hilfe erkundigen. Denn die haben im Rahmen ihrer Präventionsarbeit die Möglichkeit, die Umfragen durchzuführen, ohne dass für die Betriebe großer Aufwand und Kosten entstehen.
2. Ergebnisse besprechen: Wichtig ist, mit den Beschäftigten über die Umfrageergebnisse zu sprechen, gegebenenfalls auch extern moderiert. Eine mögliche Leitfrage: Welche Alltagserlebnisse stecken hinter den Ergebnissen?
3. Maßnahmen ableiten: Aus dem Dialog mit den Beschäftigten sollten mindestens zwei bis drei sichtbare Maßnahmen zeitnah abgeleitet und umgesetzt werden. Denn sonst haben die Beschäftigten schnell das Gefühl, dass sie ihre Meinung umsonst eingebracht haben.
Cordula HeilerPersonalmanagerin, AutefaEin paar negative Kommentare auf dem Arbeitgeberbewertungsportal Kununu brachten die Geschäftsleitung und Cordula Heiler zum Nachdenken. „Mir war klar, dass die Stimmen nicht repräsentativ für die Belegschaft sind. Denn eine Bewertung geben oft nur die ab, die spezielle Probleme haben“, sagt Heiler, Personalmanagerin beim Maschinen- und Anlagenbauer Autefa Solutions nahe Augsburg. Trotzdem wollte sie nun mehr wissen. Wie geht es den rund 180 Mitarbeitenden am Standort Friedberg wirklich? Was gefällt ihnen – und was nicht? Das Managementteam kam auf eine Idee: die gesamte Belegschaft zu befragen.
Mitarbeiterbefragungen haben viele Vorteile: Sie ermöglichen, die Bedürfnisse der Beschäftigten zu identifizieren und die Personalarbeit entsprechend zu verändern. Das hilft, Unzufriedenheit zu erkennen, Kündigungen entgegenzuwirken und Mitarbeitende möglichst lange an ihren Arbeitgeber zu binden. Und es kann auch negativen Bewertungen im Netz vorbeugen.
Mitarbeiterbefragung: Hilfe der Krankenkassen nutzen
Cordula Heiler, die zusammen mit einem Kollegen die Personalabteilung des Betriebs bildet, entschied sich, für die Befragung Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Sie wusste, dass Krankenkassen im Rahmen ihrer Budgets für Prävention und Gesundheitsförderung Betrieben bei der Umsetzung helfen.
Sie wandte sich an die AOK Bayern. „Die Krankenkasse hat im Bereich Mitarbeiterbefragung jahrelange Erfahrung. In Zusammenarbeit haben wir gemeinsam die die Umfrage aufgesetzt“, erklärt Heiler. Standardfragebögen zur Analyse psychischer Belastungen waren dort schon vorhanden, und Autefa konnte spezielle Fragen zum Unternehmen ergänzen.
Fragen: Mix aus „Multiple Choice“ und offenen Fragen
Insgesamt sollten die Mitarbeitenden ihre Meinung zu 26 Themen abgeben. Runde 30 Minuten dauerte das Ausfüllen des Fragebogens. Bei den meisten Fragen konnten sie einfach ein Kreuz hinter vorgegebenen Antwortmöglichkeiten setzen – von „Trifft voll zu“ bis „Trifft gar nicht zu“. Gefragt wurde zum Beispiel nach der Arbeitsbelastung, der Beziehung zu Kolleginnen und Kollegen, der Unternehmenskultur, der Zufriedenheit mit dem Einkommen und den Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Zusätzlich gab es ein paar Fragen mit Freitextfeld, in das die Mitarbeitenden individuelle Anmerkungen schreiben konnten: Was finden Sie an Autefa gut, was möchten Sie verändern? Was möchten Sie bei dieser Gelegenheit noch mitteilen? So hatten die Beschäftigten die Möglichkeit, Dinge, die Ihnen wichtig sind, anzusprechen.
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Mitarbeiterbefragung im Betrieb umsetzenAblauf: Papierfragebogen anonym ausfüllen
Der Aufwand im Vorfeld sei gering gewesen. „Wir haben uns mit der AOK über Inhalte und Ablauf ausgetauscht und dann einen Zeitpunkt für die Befragung festgelegt“, sagt Heiler. Die Wahl fiel auf einen Tag, an dem ohnehin fast alle Beschäftigten wegen einer Mitarbeitendenversammlung im Betrieb waren. Personal der AOK sei an diesem Tag zu Autefa gekommen, um die Umfrage zu erklären sowie die Vorteile, die es hat, teilzunehmen. Die Krankenkasse selbst nutzt die anonymisierten Daten laut Heiler selbst, um mehr über den Gesundheitszustand und Belastungen im Branchenvergleich zu erfahren.
Autefa entschied sich für ausgedruckte Papierfragebögen, weil viele Mitarbeitende in der Fertigung tätig sind und keinen Arbeitscomputer haben. Es wurde für eine Atmosphäre gesorgt, bei der die Beschäftigten sich gern ein wenig Zeit nahmen, unter anderem mit Gratisbrezeln. Die Krankenkasse stellte frankierte Briefumschläge bereit für die Kolleginnen und Kollegen, die nicht am Standort arbeiten und später an der Umfrage teilnehmen wollten.
Auswertung: Anonymität wahren
Danach wertete die AOK die anonymisierten Fragebögen aus. „Wichtig ist, dass keine Rückschlüsse auf einzelne Personen gezogen werden können“, sagt Heiler. Die Ergebnisse wurden deshalb im Ampelformat abgebildet: Rot steht für hohe Belastung bzw. große Unzufriedenheit, gelb für mittlere Werte und grün für eine relativ entspannte Situation. Einzelne Abteilungen wurden zu insgesamt acht Tätigkeitsbereichen zusammengefasst. So fielen zum Beispiel alle Produktionsmitarbeitenden in den Bereich „Fertigung“.
Die Ergebnisse waren für Autefa sehr erfreulich: Die Teilnahmequote lag bei mehr als 70 Prozent. Es gab mehr als 150 Einzelantworten dazu, was die Beschäftigten an ihrem Arbeitgeber gut finden. „Wir haben uns gerade über dieses individuelle Feedback sehr gefreut. Es hat uns gezeigt, dass die Leute uns viel besser finden, als es bei Kununu aussieht. Und wir wissen jetzt, wo wir uns noch verbessern können“, sagt Heiler. Zudem habe sich gezeigt, dass die Autefa-Mitarbeitenden sich gesünder einschätzen als es im Schnitt der AOK-Befragungen der Fall ist und großes Interesse an Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitswesens haben.
Ableitungen: Gesundheitstag und mehr Austausch
Ein Topthema sei die Rückengesundheit gewesen. „Wir haben nach der Befragung ein Rückenprogramm mit der Krankenkasse aufgesetzt“, sagt Heiler. Unter anderem gab es einen Gesundheitstag mit einer Laufanalyse, Körpermessungen und Übungen für den Arbeitsalltag. Für ein Boxtraining holte Autefa sogar die Boxweltmeisterin Tina Rupprecht ins Unternehmen. 2024 steht nun das Thema Stressmanagement im Fokus.
Zudem traf sich Heiler mit einer Arbeitsgruppe aus freiwilligen Mitarbeitenden aus jedem Tätigkeitsbereich, um über Lösungen für die Themen zu sprechen, in denen die Auswertung rote Ampeln zeigte. Danach präsentierten sie die Ergebnisse den acht Führungskräften aus den Bereichen jeweils einzeln, um nun die Ergebnisse wieder in die Gruppen spiegeln zu können.
Aus allen Bereichen sei der Wunsch gekommen, in andere Abteilungen reinschnuppern zu können, um ein besseres Verständnis für die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen zu bekommen. „Das ist nicht so einfach umzusetzen, aber wir haben das immer noch im Hinterkopf“, sagt Heiler. Erste interne Treffen unterschiedlicher Mitarbeitender gab es bereits zu bestimmten Themen.
„Mitarbeiterbefragungen sind ein gutes Tool – aber nur, wenn ich bereit bin, daraus Folgen abzuleiten“, sagt Heiler. „Es gibt nichts Schlimmeres, als sich Feedback zu erfragen und dann nicht darauf zu reagieren. Zudem sollten Führungskräfte darauf eingestellt sein, dass es auch sehr kritische und persönliche Rückmeldungen geben kann. Angst vor utopischen Wünschen der Mitarbeitenden muss man hingegen nicht haben. Vielmehr ist es so, dass sie sich sehr ausgewogen mit den eigenen Wünschen beschäftigen. Und wenn man die Beschäftigten bei der Lösungsentwicklung direkt mit einbezieht, wächst auch das Vertrauen, dass möglichst viel bei der Umsetzung versucht wird, aber natürlich nicht jeder individuelle Wunsch umgesetzt werden kann.
„Die Mitarbeiterbefragung hilft uns, die Bindung zu stärken“, glaubt Heiler. Abteilungsintern gebe es zusätzlich jedes Jahr Mitarbeitergespräche mit Fragebögen, auf denen man der Führungskraft etwa zurückmelden kann, was man ihr sagen will und was sich verändern soll.
Bei Autefa soll es die Mitarbeiterbefragungen nun in regelmäßigen Abständen geben. Nicht jedes Jahr, dafür seien die Nachfolgearbeiten langwierig, aber alle drei Jahre. Damit ist genügend Zeit, die Wünsche der Mitarbeitenden erfolgreich umzusetzen.