Employer-Branding bei Carcoustics
Gute Jobs sind eine gute Sache. Doch sie allein reichen nicht, wenn ein auf dem Arbeitsmarkt wenig bekanntes Unternehmen wie Carcoustics auf Wachstumskurs ist. Die Leverkusener Automobilzulieferer haben sich deshalb für eine umfassende Imagekampagne entschieden und macht die eigenen Mitarbeitenden zum Gesicht des Unternehmens.
Als die Tür schließt, klingt die Stimme von Friederike Horand plötzlich wie verschluckt. Horand steht in einer Halle, deren Wände komplett mit Schaumstoffkeilen beklebt sind. „Die Akustik hier im Rollenprüfstand ist wie draußen im Feld“, erklärt sie. Nur so können die Teamleiterin für Akustik und Thermodynamik und ihre acht Ingenieure stotternde Diesellaute und andere unerwünschte Geräusche von Autos oder Haushaltsgeräten unter realen Bedingungen minimieren. In Echtgeschwindigkeit: Mit bis zu 200 Stundenkilometern können Autos hier auf Rollen laufen. Nebenan, im Treppenhaus des Leverkusener Automobilzulieferers Carcoustics, lächelt Friederike Horand vom Plakat. „Unsere Aufgaben klingen gut. Nicht nur in Anzeigen“, steht auf der türkisen Überblendung. „Da stehe ich voll hinter“, sagt die 31-Jährige zu ihrem Slogan, bevor sie die Kopfhörer für den nächsten Testlauf aufsetzt. „Mein Know-how und meine Talente fließen in meine Aufgaben ein und werden über Fortbildungen gefördert.“ Horand ist ein Gesicht der Kampagne, mit der Carcoustics sich als Arbeitgeber positioniert. „Werden Sie Teil unserer Zukunft“: Mit dieser Botschaft geht der Mittelständler nicht nur auf Mitarbeitersuche. Auch unter den Mitarbeitern soll die Kampagne wirken. Damit sichtbar wird, was häufig unsichtbar blieb und sie sehen: Wir können stolz sein auf uns, unsere Arbeit und unseren Arbeitgeber.
Die eigenen Mitarbeiter sind Kampagnenbotschafter
„Ein Anlass für die Kampagne ist eine nachhaltige Fachkräftesicherung. Wir haben Mitarbeiter hier, die seit mehr als 30 Jahren im Betrieb sind. Da geht es um die Generationennachfolge. Zudem erweitern wir seit 2011 jährlich unsere Standorte, so dass wir einen großen Mehrbedarf beim Personal haben“, sagt Personalleiter Thomas Sundermann. Gleichzeitig gehe es darum, die Mitarbeiter im Betrieb zu halten: Das Ziel ist ein Fluktuationsanteil unter 5 Prozent in allen Bereichen.
Regelmäßige Analysen der Bewerbungsgespräche haben den Handlungsbedarf insbesondere beim Thema Arbeitgebermarke gezeigt: „Da sagen die Bewerber oft: ,Ich wusste gar nicht, dass Carcoustics so tolle Sachen macht‘“, sagt Sundermann. Auch die geringe Zahl an Initiativbewerbungen war ein Hinweis, dass das Zulieferunternehmen als Arbeitgeber zu unbekannt ist. „Also kamen die Personaler zu mir. Der Auftrag war klar: den Bekanntheitsgrad steigern“, sagt Kommunikations- und Marketingleiterin Nina Mohammadi. Aber wie? Binnen weniger Monate stand die Antwort: eine Kampagne, die in Zusammenarbeit zwischen Marketing und Personalabteilung entwickelt und eng mit der Geschäftsführung abgestimmt wurde. Sie durchdringt nicht nur Stellenanzeigen, ausgewählte Medienkanäle, sondern auch die eigene Mitarbeiterzeitschrift, die Führungsleitlinien und das interne Corporate Identity. So ziemlich alle Bereiche also, in denen sich das Unternehmen gegenüber potenziellen oder bereits beschäftigten Mitarbeitern positionieren kann.
Im Mittelpunkt der Kampagne stehen die Mitarbeiter selbst. „Wir haben ganz bewusst auf unsere eigenen Mitarbeiter gesetzt, und nicht auf irgendwelche Models“, sagt Mohammadi. So wirken die Fotos authentisch und die Arbeitnehmer identifizieren sich mit der Kampagne – das ist das Ziel. Für Sundermann funktioniert es: „Die Mitarbeiter sagen: ,Was in der Kampagne dargestellt wird, das sind wir‘. Sie fühlen sich wertgeschätzt, weil sie ausgewählt wurden, die dynamische Einstellung unseres Unternehmens nach innen und außen zu repräsentieren.“
Mitarbeiter als Markenbotschafter
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Mehr dazu erfahrenProtagonisten fühlen sich geehrt
Die Identifikation klappt bei Friederike Horand ganz von selbst. „Neulich hatte ich einen Bewerber, der mein Gesicht schon von der Stellenanzeige kannte.“ Doch es geht um mehr: „Wer sind wir, was machen wir, was bieten wir, wie wollen wir uns positionieren – das alles muss sehr gut herausgearbeitet werden. Aber es muss auch wiederauffindbar sein im Unternehmen“, sagt Mohammadi. Horands Bewerber wird es vielleicht herausfinden. In jedem Fall, verrät Horand, habe sich die Carcoustics-Stellenanzeige für ihn deutlich von denen anderer Arbeitgeber abgehoben.
Dario Winterberg und Nilo Buth befestigen die Bauteile von Carcoustics an einem Automodell aus Draht in Echtgröße. Es soll auf Messen zeigen, für welche Produkte Carcoustics steht: Mit Dämm- und Dämpfungsmaterialien machen die Spezialisten aus lauten Geräuschen leise. Aber auch, wo es zu heiß, zu schwer oder zu flexibel ist, sorgen sie mit mehr als 1.500 unterschiedlichen Materialien für einen Ausgleich. Buth hält ein geschäumtes Kunststoffteil in der Hand, das unter der Motorhaube für Ruhe sorgt. „Ich fühle mich geehrt, dass ich als einer der Markenbotschafter der Kampagne ausgewählt wurde“, sagt der angehende Wirtschaftsingenieur. Der 22-jährige duale Student schrieb seine Bachelorarbeit bei Carcoustics und wurde danach fest übernommen. Auf dem Kampagnenplakat soll er die Zielgruppe dualer Studenten ansprechen – so wie Dario Winterberg die Hochschulabsolventen. Neben ihm steht der Slogan „Wir bieten eine klangvolle Zukunft. Und Sie Ihr Engagement“. Das konnte der 23-jährige Wirtschaftsingenieur gleich beim Berufseinstieg beweisen: „Ich habe direkt meine ersten Projekte bekommen, selbstständig Kundenbesuche gemacht und eigene Budgets verantwortet“, zählt er auf. Dazu kamen Auslandsaufenthalte in den Werken in Mexiko und den USA. Und: Ein Masterstudium macht Winterberg neben seinem Job auch. In der Tat, das klingt nach Zukunft.
Interview mit Marketingleiterin Nina Mohammadi und Personalleiter Thomas Sundermann
Wer Ihre Kampagne in Hochglanzbroschüren sucht, wird nicht fündig. Auf welchen Wegen erreichen Sie Ihre Zielgruppen?
Mohammadi: Um Fachkräfte, Absolventen, duale Studenten und Azubis anzusprechen, nutzen wir ganz gezielt Kanäle wie Xing, Katialo, Stepstone, Kununu, aber auch Fachzeitschriften, die Lokalpresse, unser Intranet und unsere Mitarbeiterzeitung, in der unter anderem die Azubis in einem Nachwuchsblog schreiben. In der Zukunft möchten wir noch mehr in Richtung Bewegtbild machen, zum Beispiel über Web-Anbieter wie watchado oder auf unserer neuen Internetseite.
Social Media lebt von Interaktion. Wie gehen Sie mit kritischen Reaktionen auf Ihren Auftritt um?
Sundermann: Wir nehmen konstruktive Kritik ernst. Als Folge eines kritischen Hinweises haben wir beispielsweise eine Talentmanagerin in Vollzeit eingestellt.
Mohammadi: Die Kritikerin hatte klare Entwicklungsperspektiven vermisst. Durch sie wurde uns klar: Unser Talentmanagement steckt noch in den Kinderschuhen.
Wie macht sich die Kampagne bis jetzt für Carcoustics bezahlt?
Sundermann: Wir hatten bereits wenige Monate nach Kampagnenstart bei den Wirtschaftsingenieuren und im Controlling bis zu 40 Prozent mehr Bewerbungen. Und unsere Kosten für externe Personalberater haben sich im ersten Halbjahr im Vorjahresvergleich reduziert, weil wir mehr Initiativbewerbungen bekommen haben.
Was hat sie gekostet?
Mohammadi: Die externen Kosten für die gesamte Arbeitgebermarkenkampagne lagen zwischen 15.000 und 20.000 Euro. Dazu kommt unsere eigene Expertise: meine Stelle, eine Teilzeitkraft, die mich unterstützt, und die Personalabteilung, die sich neben ihren weiteren Aufgaben auch um die Kampagne kümmert.
Was sollten kleine und mittlere Unternehmen beim Employer Branding beachten?
Sundermann: Die Kampagne muss authentisch sein. Als Arbeitgeber, der nicht allein schon durch seine Größe oder sein Produkt bekannt ist, muss man sich sehr genau darüber klar werden, was das Unternehmen so besonders macht. Die größten Kritiker sind die eigenen Mitarbeiter. Sie liefern wertvolle Hinweise und sollten eng in die eigene Arbeitgebermarkenfindung eingebunden werden. Das Employer Branding sollte außerdem in die Unternehmenskultur und -struktur eingebettet sein. Kommunikation, Personalabteilung und Geschäftsführung müssen gemeinsam ein Konzept finden, hinter dem alle drei Bereiche stehen.
Mohammadi: Wichtig ist auch, dass die Kampagne nachhaltig aufgebaut ist. Jedes Jahr sollte wieder überlegt werden, welche Maßnahmen nötig sind, um sie aufs Neue zu leben.