Trauer am Arbeitsplatz
Der Tod ist ein Thema, mit dem sich viele Menschen nicht gern beschäftigen. Besonders am Arbeitsplatz scheint für dieses sensible Thema wenig bis keinen Platz zu sein. Wenn Mitarbeitende Familienmitglieder, Freundinnen und Freunde oder Teammitglieder verlieren, ist die Trauer jedoch auch am Arbeitsplatz vorhanden. Mitarbeitende können nach einem Trauerfall mitunter mehrere Wochen nicht vollständig arbeitsfähig sein. Trauer hat viele Gesichter und beeinflusst das Leben ganz individuell.
Die vier Phasen von Trauer
Vorab ist wichtig zu wissen, dass Trauer kein festgelegtes Zeitfenster hat. Jeder Mensch verarbeitet Trauer auf individuelle Art und Weise. Dabei sind Zeit, Gefühle und Reaktionen sehr unterschiedlich. Um Reaktionen besser einordnen zu können, hat die Psychologin Verena Kast Trauer in Phasen eingeteilt. Die Phasen können in dieser oder einer anderen Reihenfolge ablaufen, sie können sich wiederholen, lange andauern oder niemals enden. Jeder Mensch trauert anders, die Phasen dienen nur der Orientierung.
Welche „Fehler“ passieren üblicherweise in der Kommunikation?
Bei einem Trauerfall wird den Menschen der Boden unter den Füßen weggezogen. Sie sind emotional getroffen, verunsichert, sensibel und oft mit den Gedanken woanders. Ihre Mitmenschen können aus Hilflosigkeit und Unsicherheit dazu neigen, sich unpassend zu verhalten. Auch wenn die trauernde Person gemieden oder ignoriert wird, kann das eine Folge der Verunsicherung sein. Unsicherheit im Umgang mit der Situation zeigt sich zum Beispiel auch durch übertriebene Fröhlichkeit. Es entsteht die Annahme, die trauernde Person mit Witzen und Partyangeboten aus dem Tief ablenken zu wollen.
Trauernde können das aber als befremdlich, wenig authentisch und vor allem als unpassend empfinden.
Welche Unterstützung brauchen trauernde Kolleginnen und Kollegen?
Jeder Mensch trauert anders. So können Sie als direktes Teammitglied in dieser Situation unterstützen:
- Ehrliche Anteilnahme zeigen.
- Nachfragen, ob der- oder diejenige darüber sprechen möchte, ob und wie man vielleicht helfen kann.
- Anbieten, gerne ein Gesprächspartner bzw. eine Gesprächspartnerin zu sein.
- Aktive Unterstützung bei beruflichen Herausforderungen anbieten.
- Ehrliches und regelmäßiges Fragen nach dem Befinden.
Was können Führungskräfte in dieser Situation tun?
- Persönliche Anteilnahme aussprechen.
- Überstundenabbau, Reha-Maßnahmen, Krankschreibung anbieten.
- Flexible Arbeitszeitregelungen zusichern.
- Trauerbeauftragte Person zur Seite stellen.
- Das Team vorab informieren, auch über sinnvolle Verhaltensweisen.
- Rückzugsmöglichkeiten anbieten.
Tipp 1: Seien Sie feinfühlig
Bereiten Sie den ersten Arbeitstag nach einem Trauerfall für Ihr Teammitglied vor. Informieren Sie das Team über die Situation und erkundigen Sie sich über mögliche Hilfestellungen.
Tipp 2: Fragen Sie
Sie wissen nicht, was Sie für das trauernde Teammitglied tun können? Suchen Sie das direkte Gespräch. Bieten Sie Ihre Unterstützung an und fragen Sie nach dem gewünschten Verhalten von Seiten des Teams und der Führungskraft. Möglicherweise wünscht sich die trauernde Person auch, dass sie am Arbeitsplatz das Thema für sich ausblenden kann und möchte so behandelt werden, als ob nichts passiert sei. Wenn Sie fragen, können Sie am ehesten sicherstellen, dass Sie sich so verhalten, wie es für die Person angenehm anfühlt und erfahren, was sie braucht.
Tipp 3: Trauer hat kein Zeitlimit
Jede Trauer und jede Phase darin sind anders. Manche Menschen trauern nach einem Verlust ein Leben lang. Hier gibt es kein richtig oder falsch. Die Trauer verändert sich und hat immer wieder andere Bedürfnisse. Geben Sie der trauernden Person Zeit und schlussfolgern Sie nicht selbst, in welcher Phase sich der Trauerprozess befindet. Auch hier gilt wieder: Fragen Sie, was gewünscht und benötigt wird. Kommunikation ist auch hier der Schlüssel und fördert eine gute Unternehmenskultur.
Tipp 4: Trauerbeauftragte Person suchen
Begleitung im Trauerfall ist etwas sehr Persönliches und bedarf sehr viel Empathie. In einigen großen Unternehmen gibt es sie schon, die Trauerbeauftragten. Sie können aus dem Team heraus benannt werden, um im Falle eines Trauerfalls eingesetzt zu werden. In kleineren Unternehmen sind sie nur selten oder gar nicht zu finden.
Was machen Trauerbeauftragte?
Menschen mit diesem Ehrenamt haben in erster Linie eine ausgeprägte Empathie. Möglicherweise haben sie selbst eine solche Situation schon erlebt und können sich in die trauernde Person gut einfühlen. Zudem sind sie über alle Möglichkeiten in dieser Situation informiert. Sie kennen die Antworten auf all die Fragen, wo auch Personalverantwortliche und Führungskräfte erstmal nachschauen müssen.
Trauerbeauftrage kennen sich aus mit:
- Gesetzlichen Urlaubstagen im Trauerfall.
- Regelungen bei Krankmeldungen, Therapeuten.
- Freistellungsoptionen, Reha-Maßnahmen.
- Selbsthilfe- und Trauergruppen, zum Beispiel Trauerbegleitung für Erwachsene, Kinder und Jugendliche, Trauergruppe oder Trauercafe finden
Zudem können Trauerbeauftragte Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner für die Trauernden sein, wenn sich im Team der trauernden Person niemand dafür findet. Damit stehen sie außen vor und sind losgelöst von teaminternen Arbeitsprozessen. Trauerbeauftrage arbeiten ehrenamtlich, werden jedoch im Trauerfall für das Ehrenamt freigestellt. Auch sie sorgen für eine wertschätzende Unternehmenskultur.
Tipp 5: Auch Remote wird getrauert
Arbeiten Ihre Mitarbeitenden im Homeoffice oder mobil, sollten Sie diese Personen besonderes nach ihren Bedürfnissen fragen. Teammitglieder, die Sie nicht regelmäßig physisch sehen und die möglicherweise allein und zu Hause arbeiten, geraten schnell aus dem Fokus der Führungskräfte. Seien Sie hier besonders feinfühlig und fragen Sie, was die trauernde Person für ihre Arbeit braucht.
Vielleicht gibt es den Wunsch nach einem anderen Arbeitsort, nach regelmäßigen Anrufen, nach einer Veränderung der bisherigen Arbeitssituation.
Fazit: Warum es sich lohnt, Trauer am Arbeitsplatz Raum zu geben
Trauer macht verletzlich. Mitarbeitende, die das Gefühl bekommen, nur im privaten Rahmen trauern zu dürfen, können innerlich an der Unternehmenskultur zweifeln. Zu diesem Zeitpunkt fehlt es Ihnen an Wertschätzung und vorangegangene Wertschätzungen sind nicht mehr relevant.
Wer Mitarbeitende in einer verletzlichen Situation authentisch und ehrlich wahrnimmt, auf ihre Bedürfnisse und Veränderungen eingeht, arbeitet zudem stark an seiner Arbeitgebermarke.
Denn nicht nur die trauernde Person erfährt, wie das Unternehmen damit umgeht, auch alle anderen Mitarbeitenden sehen zu. Die Unternehmenskultur steht zu diesem Zeitpunkt auf einem Prüfstand.
Denn in einer offenen Unternehmenskultur dürfen Mitarbeitende auch am Arbeitsplatz Mensch sein.